Baustelle: Reisekosten oder erste Tätigkeitsstätte
Einkommensteuer
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind, können als Werbungskosten abgezogen werden. Die Beschränkung auf die Entfernungspauschale gilt nicht. Stattdessen kann der Steuerpflichtige die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen ansetzen, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind. Dies sind im Falle der Nutzung eines privaten PKW 0,30 € je gefahrenen Kilometer. Für die Höhe der abzugsfähigen Fahrtkosten kommt es also darauf an, ob die Baustelle, an der der Arbeitnehmer tätig wird, als erste Tätigkeitsstätte einzuordnen ist oder nicht.
Praxis-Beispiel:
Der Arbeitnehmer ist bei seinem Arbeitgeber als Elektromonteur beschäftigt. Der Arbeitgeber unterhält mindestens seit dem Jahr 2005 eine Baustelle, auf der der Arbeitnehmer jedenfalls seit dem Jahr 2010 ohne Unterbrechungen eingesetzt ist. Der Arbeitnehmer wurde dabei ausschließlich auf der Grundlage von befristeten Verträgen für seinen Arbeitgeber tätig, d.h., die Verträge wiesen ab dem Jahr 2010 Laufzeiten von längstens 36 Monaten aus. Nach einer Bescheinigung des Arbeitgebers war der Arbeitnehmer im Jahr 2014 keiner ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet. Des Weiteren führte der Arbeitgeber aus, dass sich seine Personalplanung nach dem Inhalt der Aufträge, der Qualifikation des Mitarbeiters und den Terminvorgaben der Kunden richte. Aus der Personalplanung ergebe sich keine dauerhafte Zuordnung, da die Tätigkeit nicht unbefristet oder für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten geplant werde. Die Mitarbeiter werden grundsätzlich nach Bedarf auf einer Montage-Baustelle tätig.
In seiner Steuererklärung machte der Arbeitnehmer Aufwendungen für Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Baustelle nach Reisekostengrundsätzen in Höhe von 5.369 € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt ließ den Werbungskostenabzug nicht zu, weil es nur die Entfernungspauschale ansetzte.
Eine erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Eine derartige Zuordnung erfolgt durch dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegungen. Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist die erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
Das heißt, die Zuordnung ergibt sich zunächst aus etwaigen dienst- oder arbeitsvertraglichen Bestimmungen. Fehlen derartige Bestimmungen oder sind sie nicht eindeutig, kommt es auf die quantitativen Kriterien insbesondere dann an, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich auf eine Zuordnung verzichtet hat oder ausdrücklich erklärt, dass einer organisatorischen Zuordnung keine steuerliche Bedeutung zukommen soll.
Eine Auswärtstätigkeit liegt jedoch vor, wenn der Arbeitnehmer lediglich vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und seiner üblichen Tätigkeit beruflich tätig wird bzw. tätig werden soll. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer seiner Berufstätigkeit vorübergehend längerfristig an einer anderen betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nachgeht, da eine vorübergehende Tätigkeit nicht durch bloßen Zeitablauf zur regelmäßigen Arbeitsstätte bzw. ersten Tätigkeitsstätte wird. Für die Beurteilung, ob eine dauerhafte Zuordnung vorliegt, ist eine auf die Zukunft gerichtete Prognose maßgebend. Das bedeutet, dass nur im Falle einer unbefristeten Versetzung an einen anderen Ort und einer absehbaren Verweildauer von vier Jahren von einer ersten Tätigkeitsstätte auszugehen ist. Das gilt allerdings nicht bei wiederholter befristeter Zuweisung des Arbeitnehmers an einen anderen Betriebsteil des Arbeitgebers.