Elektronische Steuererklärung: Offenbare Unrichtigkeit

Verfahrensrecht

Ein Körperschaftsteuerbescheid ist offenbar unrichtig, wenn die Steuerpflichtige die Zeile 44a der Körperschaftsteuererklärung nicht ausgefüllt hat, obwohl sich aus den dem Finanzamt vorliegenden Steuerbescheinigungen und der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung ergibt, dass die Steuerpflichtige eine Gewinnausschüttung einer GmbH erhalten und das FA in der Anrechnungsverfügung zum Körperschaftsteuerbescheid die Kapitalertragsteuer auf die Körperschaftsteuer angerechnet hat.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin übermittelte die Körperschafsteuerklärung elektronisch an das Finanzamt. Es wurde versehentlich die Zeile 44a der Körperschaftsteuererklärung nicht ausgefüllt. Die Klägerin reichte zusätzlich beim Finanzamt zwei Steuerbescheinigungen der C-GmbH ein, aus denen sich ergibt, dass an die Klägerin Kapitalerträge i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, d.h. Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG (Gewinnanteile aus Anteilen an einer GmbH), ausgeschüttet worden sind. Die Kapitalerträge betrugen 38.000 € und 130.000 €, sowie die Kapitalertragsteuer 9.500 € und 32.500 €. In der Anlage WA ist angegeben, dass die anrechenbare Kapitalertragsteuer 42.000,03 € betragen habe. Weil die Zeile 44a nicht ausgefüllt worden sei, sei die Ausschüttung als steuerpflichtig behandelt worden. Das sei unzutreffend. Da aus den Unterlagen, die dem Finanzamt vorliegen, erkennbar ist, dass die Ausschüttungen steuerfrei sind, hat das Finanzamt aufgrund der nicht ausgefüllten Zeile 44a der Körperschaftsteuererklärung den Fehler übernommen. Da die Einspruchsfrist abgelaufen war, müsse der Steuerbescheid aufgrund offenbarer Unrichtigkeiten berichtigt werden. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Die Klägerin musste (unabhängig von der Beteiligungshöhe) zwingend eine Eintragung in Zeile 44a der Körperschaftsteuererklärung vornehmen. Diese Eintragung fehlt. Die Steuererklärung ist daher unrichtig i.S. des § 129 AO. Die Unrichtigkeit war angesichts der beigefügten Steuerbilanz, der beigefügten Steuerbescheinigungen und der Anlage WA für das FA auch offenbar, was zur Anwendung des § 129 AO führt.

Der Klägerin ist insoweit, als sie die Zeile 44a der Steuererklärung nicht ausgefüllt hat, eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, die aufgrund der der Steuererklärung beigefügten Unterlagen für das Finanzamt erkennbar war. Diese offenbare Unrichtigkeit hat das Finanzamt bei der Bescheiderstellung "als eigene" übernommen. Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist die Steuererklärung zu berichtigen. Diese Grundsätze gelten auch bei der Einreichung elektronischer Steuererklärungen.

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