Erbauseinandersetzung bei zivilrechtlicher Nachlassspaltung

Einkommensteuer

Bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft sind die Aufwendungen eines Miterben Anschaffungskosten, wenn und soweit er die Erbanteile anderer Miterben erwirbt. Teilen die Miterben dagegen das Gemeinschaftsvermögen unter sich auf, um die Gemeinschaft zu beenden, liegt in der Erfüllung des erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruchs kein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft. Konsequenz ist, dass dann die von der Erbengemeinschaft anzusetzenden Anschaffungskosten oder Herstellungskosten und damit auch die Abschreibungen fortgeführt werden.

Diese Beurteilung gilt auch dann, wenn sich die Miterben im Fall der zivilrechtlichen Nachlassspaltung unter Einbeziehung aller personengleichen Erbengemeinschaften in einem einheitlichen Vorgang auseinandersetzen. Eine Auseinandersetzung in diesem Sinne liegt vor, wenn sämtliche Nachlassgegenstände gleichzeitig vollständig unter den Miterben verteilt werden. Bei der ertragsteuerlichen Beurteilung, ob insgesamt eine neutrale Realteilung oder ob teilweise Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge anzunehmen sind, ist auf den einheitlichen Vorgang und auf den gesamten Nachlass abzustellen.

Praxis-Beispiel:
Zwei personengleiche Erbengemeinschaften, an denen die Mitglieder mit unterschiedlichen Quoten beteiligt waren, haben sich in einem einheitlichen Vorgang auseinandergesetzt. Es wurden die vorhandenen Grundstücke auf die einzelnen Miterben verteilt. Da die Grundstückswerte unterschiedlich hoch waren, wurde ein Ausgleich u.a. durch Ausgleichszahlungen und die Übernahme von Darlehensverbindlichkeiten erzielt. Ein Mitglied der Erbengemeinschaft behandelte seine Zahlungen bzw. Darlehensübernahmen als Anschaffungskosten. Die daraus resultierenden höheren Abschreibungen erkannte das Finanzamt nicht an. Gegen das anders lautendende Urteil des Finanzgerichts legte das Finanzamt Revision ein.

Der BFH hat das Urteil des Finanzgerichts mit der Begründung aufgehoben, dass im Einkommensteuerrecht die zivilrechtliche Betrachtungsweise durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise überlagert wird. Das heißt, dass steuerlich die Erbauseinandersetzung für alle Miterben als einheitlicher Vorgang zu behandeln ist. Somit ist es nicht möglich, ein bestimmtes Grundstück, das einem Mitglied der Erbengemeinschaft zugewiesen wird, zu separieren.

Bei der Beurteilung, ob Anschaffungskosten vorliegen, spielt es keine Rolle, wie sich das zugeteilte Nachlassvermögen beim Miterben entsprechend seiner Erbquote zusammensetzt. Die wertmäßige Angleichung kann auch dadurch bewirkt werden, dass der Miterbe Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft übernimmt. Auch soweit dabei der rechnerische Anteil an den Verbindlichkeiten eines Miterben überschritten wird, führt dies allein noch nicht zu Anschaffungskosten. Nur wenn der Gesamtwert des Erlangten den Wert seines Erbanteils übersteigt und der begünstigte Miterbe deshalb an einen oder mehrere Miterben Ausgleichszahlungen leistet, handelt es sich bei ihm um Anschaffungskosten.

Die zivilrechtliche Nachlassspaltung kann also nicht ohne Weiteres der ertragsteuerlichen Beurteilung der Erbauseinandersetzung zugrunde gelegt werden. Den Miterben steht es frei, ob sie die Nachlassspaltung bei der Auseinandersetzung ihrer Gemeinschaften beachten. Sie können der zivilrechtlichen Nachlassspaltung folgen und jede Erbengemeinschaft getrennt auseinandersetzen. Dann kommt es für die ertragsteuerliche Beurteilung auf die jeweilige Auseinandersetzung an. Die Miterben können sich aber auch unter Einbeziehung beider bzw. aller Erbengemeinschaften in einem einheitlichen Vorgang in der Weise auseinandersetzen, dass sie sämtliche Nachlassgegenstände gleichzeitig vollständig unter sich verteilen. Ist dies (wie im Beispiel) der Fall, so ist aber auch für die ertragsteuerliche Beurteilung, ob insgesamt eine neutrale Realteilung oder ob teilweise Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge anzunehmen sind, auf diesen einheitlichen Vorgang und auf den gesamten Nachlass abzustellen. Bei dieser Gestaltung erhalten die Miterben mehr Möglichkeiten, sich unter Einbeziehung sämtlicher Nachlassgegenstände steuerneutral auseinanderzusetzen, als wenn sie an die zivilrechtliche Nachlassspaltung gebunden wären.

Das Finanzgericht ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es muss, um abschließend beurteilen zu können, inwieweit und ggf. bezüglich welcher Objekte Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge verwirklicht worden sind, die entsprechenden Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachholen.

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