Grundstücksenteignung kein privates Veräußerungsgeschäft

Einkommensteuer

Private Veräußerungsgeschäfte (Spekulationsgeschäfte) sind u.a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, soweit der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Der Eigentumsverlust durch Enteignung ist keine Veräußerung, da der Entzug des Eigentums ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen stattfindet.

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige hatte an einem unbebauten Grundstück im Jahr 2005 einen zusätzlichen Miteigentumsanteil durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben. Hierdurch wurde er Alleineigentümer des Grundstücks. Im Jahr 2008 führte die Stadt ein Bodensonderungsverfahren durch und erließ an den Steuerpflichtigen einen Sonderungsbescheid nach dem Bodensonderungsgesetz, mit dem das Eigentum an dem Grundstück auf die Stadt überging. Der Kläger erhielt eine Entschädigung von 600.000 € für das gesamte Grundstück. Das Finanzamt sah in der Enteignung des Miteigentumsanteils, den der Steuerpflichtige in der Zwangsversteigerung erworben hatte, ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft und setzte entsprechend dem Zufluss der Entschädigungszahlungen einen Veräußerungsgewinn fest. Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Der BFH hat entschieden, dass die Begriffe "Anschaffung" und "Veräußerung" entgeltliche Erwerbs- und Übertragungsvorgänge erfasst, die wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen. Sie müssen Ausdruck einer wirtschaftlichen Betätigung sein. An einer willentlichen Übertragung auf eine andere Person fehlt es, wenn – wie bei einer Enteignung – der Verlust des Eigentums am Grundstück ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen (und ggf. auch gegen seinen Willen) stattfindet. Diese am Wortlaut orientierte Gesetzesauslegung entspricht dem historischen Willen des Gesetzgebers und sei auch vor dem Hintergrund eines systematischen Auslegungsansatzes folgerichtig.

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