Keine Pflicht zu lückenlosen Rechnungsnummern
Gewinnermittlung
Eine ordnungsgemäße Rechnung muss eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen haben, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer). Diese Regelung dient lediglich dem umsatzsteuerlichen Zweck, die Korrespondenz von Umsatzsteuerschuld des Leistenden und Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers prüfen zu können. Diese Verpflichtung, lückenlose Rechnungsnummern zu verwenden, besteht jedoch nicht für den Bereich der Gewinnermittlung. Das heißt, ertragsteuerlich besteht keine Pflicht, Rechnungen mit numerisch fortlaufenden und damit "nachprüfbaren" Rechnungsnummern zu erstellen.
Beispiel:
Ein Unternehmer verwendete auf seinen elektronischen Rechnungen Buchungsnummern (= Rechnungsnummern), die computergesteuert durch eine Kombination aus Geburtsdatum des Kunden und Rechnungsdatum erzeugt wurden. Jede Buchungsnummer wurde nur einmalig vergeben. Sie bauten jedoch nicht numerisch fortlaufend aufeinander auf.
Bei einer Betriebsprüfung erhöhte das Finanzamt den Gewinn um einen geschätzten Betrag nur deshalb, weil die Ausgangsrechnungen keine ordnungsgemäße (fortlaufende) Rechnungsnummer enthielten. Die Betriebsprüfer hatte keinen Fall feststellen können, in dem Einnahmen nicht oder fehlerhaft erfasst wurden. Das Finanzamt führte auch keine Verprobung (z. B. Geldverkehrsrechnung oder Vermögenszuwachsrechnung) durch. Das Finanzamt stützte seine Schätzung allein darauf, dass der Grundsatz der Einzelaufzeichnung verletzt worden sei, weil keine fortlaufenden Rechnungsnummern vergeben wurden und deshalb die Vollständigkeit nicht kontrolliert werden könne.
Das Finanzgericht machte die Hinzuschätzung zum Gewinn rückgängig. Für die Gewinnermittlung aufgrund einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung besteht keine gesetzliche Pflicht zur Vergabe einer Rechnungsnummer nach einem bestimmten lückenlosen numerischen System. Eine gesetzliche Pflicht zur Vergabe einer lückenlosen fortlaufenden Rechnungsnummer kann für ertragsteuerliche Zwecke nicht aus der umsatzsteuerlichen Regelung abgeleitet werde.
Möglichkeit einer Hinzuschätzung: Eine Vielzahl von Lücken in der Reihenfolge der Rechnungs-nummernabfolge kann im konkreten Einzelfall einen Sicherheitszuschlag rechtfertigen, wenn Rechnungen nachweisbar nicht bzw. nicht zutreffend verbucht wurden. Die Einnahmen können also nur dann durch eine Schätzung erhöht werden, wenn feststeht, dass sie nicht vollständig erfasst wurden. Verwendet ein Unternehmer ein System, in welchem bei zutreffender Vergabe von Rechnungsnummern eine lückenlose Abfolge von Nummern ersichtlich sein müsste, können nach Auffassung des Finanzgerichts Lücken in der Nummerierung Zweifel an der formellen und sachlichen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung erzeugen. Wenn jedoch (wie im Beispiel) gar keine systembedingt lückenlose Rechnungsnummer vergeben wurde, kann auch nicht festgestellt werden, ob tatsächlich Lücken vorhanden sind.
Besteht ertragsteuerlich keine Pflicht, fortlaufende Rechnungsnummern zu verwenden, und stellt das Finanzamt keine konkreten Anhaltspunkte für nicht oder falsch erfasste Einnahmen fest, sind Hinzuschätzungen nicht möglich. Das heißt, dass Schätzungen nur dann möglich sind, wenn sich bei Verprobungen, z. B. durch eine Geldverkehrsrechnung, eine Vermögenszuwachsrechnung oder durch einen (internen/externen) Betriebsvergleich Anhaltspunkte ergeben, dass die Angaben des Unternehmers unrichtig oder unvollständig sein können.