Kindergeld für ein Kind mit eigenem Haushalt
Sonstiges
Kindergeld wird nur an einen Kindergeldberechtigten gezahlt. Lebt das Kind nicht im Haushalt beider Eltern oder eines Elternteils, sondern in einem eigenen Haushalt, so ist gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 EStG kindergeldberechtigt, wer dem Kind eine Unterhaltsrente (=Unterhalt) zahlt. Gewähren beide Elternteile eine Unterhaltsrente, so erhält das Kindergeld derjenige, der die höchste Unterhaltsrente zahlt.
Praxis-Beispiel:
Die Mutter und der Vater haben einen gemeinsamen Sohn, der im Streitjahr studierte und am Studienort gemeinsam mit einem Kommilitonen in einer 64 qm großen Wohnung lebte. Er war nicht in den Haushalt eines Elternteils aufgenommen. Der Vater, der in Frankreich wohnt, zahlte dem Sohn zunächst monatlichen Barunterhalt in Höhe von 500 €, den er ab September 2014 auf 590 € erhöhte. Die Mutter zahlte von Januar bis August 2014 monatlich 400€ und ab September 490 € im Monat. Darüber hinaus zahlte sie den Beitrag für das Sommersemester in Höhe von 195 € und für das Wintersemester in Höhe von 197 €, die Bahncard des Sohnes in Höhe von 120 €, Heimfahrt-Tickets in Höhe von 696 €, Zahnarztkosten in Höhe von 209 €, sowie besondere Ausbildungskosten in Höhe von 85 €, zusammen 1.502 €. Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag der Mutter ab, weil der Sohn nicht im Haushalt eines leiblichen Elternteils lebe und der Vater den überwiegenden Barunterhalt leiste.
Sind die Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer EU-Staaten zu gewähren und wird von beiden Elternteilen in diesen Staaten jeweils eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt, so ist der Staat vorrangig zuständig, in dem sich der Wohnort des Kindes befindet. Der Vater lebt in Frankreich und die Mutter in Deutschland. Da aber der Sohn in Deutschland lebt und dieser in Deutschland eine Erwerbstätigkeit ausübe, sei der deutsche Kindergeldanspruch gegenüber dem Kindergeldanspruch im Beschäftigungsland des Kindesvaters vorrangig. Maßgeblich ist in dieser Situation, welcher Elternteil den höheren Barunterhalt leistet. Dies ist nach der vorliegenden Bescheinigung des Sohnes der Vater.
Für die Frage, wer die höhere Belastung trägt, ist die Höhe der Unterhaltsrente maßgebend. Andere Belastungen, z. B. wenn ein Elternteil Sachleistungen erbringt, indem er dem Kind zu Unterhaltszwecken eine Wohnung am Studienort oder ein Automobil überlässt, bleiben unberücksichtigt. Da die weiteren Zahlungen der Mutter nicht regelmäßig monatlich geleistet worden sind, können sie nicht als Unterhaltsrente qualifiziert werden. Insofern ist ohne Bedeutung, ob die Mutter die Gebühren für das Sommer- und das Wintersemester sowie die Kosten der Bahncard und der Heimfahrt-Tickets nur im Streitzeitraum oder jedes Jahr übernommen hat und sie an den Sohn oder unmittelbar an den Gläubiger (Universität und Bahn) gezahlt hat. Ist ein Elternteil vorrangig berechtigt, können die Eltern keine abweichenden Vereinbarungen über den Kindergeldbezug treffen.