Nießbrauch: Vorab entstandene Werbungskosten
Einkommensteuer
Der Eigentümer kann Aufwendungen (z. B. Abschreibung und Zinsaufwendungen) für sein Grundstück, das mit einem lebenslänglichen Nutzungsrecht zugunsten eines Dritten belastet ist, regelmäßig nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehen. Das gilt immer dann, wenn das Ende der Nutzung durch den Dritten nicht absehbar ist.
Praxis-Beispiel:
Der Kläger erwarb zusammen mit seiner Schwester im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seiner Mutter und von seiner Tante ein bebautes Grundstück zu Miteigentum in Höhe von je 50 %. Die Mutter und die Tante behielten sich den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Mutter und Tante vermieteten das Grundstück gemeinschaftlich. Bei dem Objekt handelt es sich um ein bebautes Grundstück in zentraler Innenstadtlage. Das Gebäude umfasst eine kleinere Ladeneinheit und sechs Mietwohnungen. Der Kläger erwarb von seiner Schwester deren hälftigen Miteigentumsanteil an dem nießbrauchbelasteten Grundstück.
In der Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für diesen Grundstücksanteil eine Abschreibung von 1.674 € sowie Schuldzinsen in Höhe von 6.900 € als vorab entstandene Werbungskosten. Das Finanzamt lehnte es ab, diese Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen.
Der zeitliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und späterer Vermietung ist kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal für den Abzug von Werbungskosten. Es ist jedoch ein Indiz, dass der Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen fehlen kann. Konsequenz ist, dass die BFH-Rechtsprechung regelmäßig davon ausgeht, dass der Eigentümer Aufwendungen für sein Grundstück, das mit einem lebenslänglichen Nutzungsrecht zugunsten eines Dritten belastet ist, nicht als vorab entstandene Werbungskosten abziehen kann, weil ein Ende der Nutzung nicht absehbar ist. Außerdem bestehen keine Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Erhaltungsaufwand und Schuldzinsen im Rahmen des Werbungskostenabzugs.
Der Mutter und der Tante standen ein lebenslänglicher Nießbrauch je zur Hälfte zu. Beide haben das Grundstück auch gemeinschaftlich vermietet. Damit war der notwendige wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Schuldzinsen und zukünftigen Einnahmen nicht gegeben. Das Finanzgericht hat keine Umstände festgestellt, wonach im Streitjahr ein Ende der Nutzung durch die Mutter und die Tante absehbar war oder verbindlich zugesagt gewesen wäre.