Reisekosten: Großräumige erste Tätigkeitsstätte

Lohnsteuer / Sozialversicherung

Betriebliche Fahrten eines Arbeitnehmers sind entweder Geschäftsreisen oder Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, die nur in Höhe der Entfernungspauschale von 0,30 € je Entfernungskilometer abgezogen werden dürfen. Die Entfernungspauschale ist also immer dann anzusetzen, wenn eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt. Voraussetzung für eine erste Tätigkeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers. Dabei kann es sich um „räumlich zusammengefasste Sachmittel“ handeln, die mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden. Somit können ein Flughafengelände oder auch ein Hafengelände als eine großräumige erste Tätigkeitsstätte eingestuft werden.

Praxis-Beispiel:
Eine Pilotin war, wenn auch in geringem Umfang, in der A-basis am Flughafen X tätig. Zu den Aufgaben der Klägerin gehörte es u.a., vor jedem Abflug in der A-basis auf dem Flughafen X an dem 60- bis 100-minütigen Briefing der Flugbesatzung teilzunehmen, die Wettermeldungen zu überprüfen, sich an der Beurteilung der Wetterlage zu beteiligen, alle notwendigen Unterlagen und Informationen zur Durchführung des Fluges einzuholen, den Flugplan zu überprüfen, sich mit dem technischen Status des Flugzeugs vertraut zu machen und die Abflugdaten zu errechnen. Nach dem Flug musste sie den Kommandanten bei der Vervollständigung der Flugunterlagen unterstützen und auf Anweisung schriftliche Berichte erstellen. Die Pilotin machte die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Flughafen sowie Verpflegungsmehraufwendungen nach Dienstreisegrundsätzen gegenüber dem Finanzamt geltend, weil sie der Auffassung war, dass das Flughafengelände keine erste Tätigkeitsstätte sein könne. Das Finanzamt gewährte nur die Entfernungspauschale.

Der BFH hat entschieden, dass fliegendes Personal (wie z.B. Piloten oder Flugbegleiter) dort seine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte hat, wo es von seinem Arbeitgeber arbeitsrechtlich dauerhaft zugeordnet ist. Außerdem ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer auf dem Flughafengelände zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbringt, die er arbeitsvertraglich schuldet. Da die Pilotin in den auf dem Flughafengelände gelegenen Räumen der Airline in gewissem Umfang auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Flugvor- und Flugnachbereitung zu erbringen hatte, verfügte sie dort über eine erste Tätigkeitsstätte. Es spielt keine Rolle, dass sie überwiegend im internationalen Flugverkehr tätig war. Der BFH weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z.B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) als (großräumige) erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommt.

Konsequenz: Bei den Fahrten zum Flughafen handelt es sich um Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, bei denen nur die Entfernungspauschale von 0,30 € je Entfernungskilometer abgezogen werden darf. Dementsprechend hat der BFH auch den Ansatz der Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen bei einer Luftsicherheitskontrollkraft verneint, die auf dem gesamten Flughafengelände eingesetzt wurde.

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