Werbungskostenabzug bei Aus- oder Fortbildung

Einkommensteuer

Es muss zwischen Fortbildungskosten und Ausbildungskosten unterschieden werden, weil

  • Fortbildungskosten ohne Einschränkung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können und zwar auch dann, wenn keine Einnahmen vorliegen,
  • die Kosten für die eigene Berufsausbildung (erste Berufsausbildung) bis zu 6.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abgezogen werden können und
  • Kosten für die eigene Berufsausbildung (erste Berufsausbildung), die über 6.000 € im Kalenderjahr hinausgehen, steuerlich nicht abgezogen werden dürfen.

Grundsätzlich gilt, dass immer dann, wenn bereits eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen worden ist, jede weitere Berufsausbildung als Fortbildung einzustufen ist. In diesem Zusammenhang ist Folgendes zu beachten:

  • Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder für ein Studium sind nur dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen worden ist.
  • Ein Werbungskostenabzug ist auch dann möglich, wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.
  • Eine Berufsausbildung oder ein Studium liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung stattfindet und mit einer Abschlussprüfung endet.
  • Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn diese auf der Grundlage von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird. 
  • Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.´
  • Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch derjenige abgeschlossen, der die Abschlussprüfung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.

Verfassungsrechtliche Beurteilung: Der BFH hat Zweifel, dass die derzeitige gesetzliche Regelung verfassungsgemäß ist. Er hat dem BVerfG daher die folgende Frage zur Klärung vorgelegt: „Verstößt es gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes, wenn Aufwendungen für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium nicht als Werbungskosten abgezogen werden dürfen, wenn diese Erstausbildung nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und die Aufwendungen auch ansonsten nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindert?“

 

Das BVerfG hat die Bundesrechtsanwaltskammer zu diesem Thema um eine Stellungnahme gebeten. Die Bundesrechtsanwaltskammer teilt die Einschätzung des BFH. Das heißt, dass aus Verfassungsgründen Kosten für eine Erstausbildung generell als Werbungskosten abziehbar sein müssen. Aufwendungen für die Ausbildung zu einem Beruf sind beruflich veranlasst. Die Aufnahme eines Studiums erfolgt typischerweise, um hiermit die Grundlagen und die Voraussetzungen für eine spätere berufliche Tätigkeit zu erlangen. Die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer ist noch keine Vorwegentscheidung. Allerdings haben sich damit die Chancen verbessert, dass der Werbungskostenabzug für die erste Ausbildung oder das erste Studium möglich wird.

 

Wichtig! Lehnt das Finanzamt den Werbungskostenabzug ab, sollte unbedingt Einspruch eingelegt und eine Aussetzung des Einspruchsverfahrens bis zur Entscheidung durch das BVerfG beantragt werden.

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