Steuernews

Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die dem Steuerpflichtigen erstattet worden sind, sind auch dann zu verrechnen und dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen, wenn die Erstattung darauf beruht, dass ein Sozialversicherungsverhältnis rückabgewickelt oder rückwirkend umgestellt worden ist. Die Verrechnung und die Hinzurechnung gemäß § 10 Abs. 4b Sätze 2 und 3 EStG sind unabhängig davon vorzunehmen, ob im Erstattungsjahr noch eine Änderung der Bescheide der Zahlungsjahre möglich ist. Die Regelungen über die Verrechnung und Hinzurechnung erstatteter Sonderausgaben verstoßen nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot oder den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2017 von der ihrer Krankenkasse eine Erstattung von Beiträgen zur Basis-Krankenversicherung und zur Basis-Pflegeversicherung der Jahre 2003 bis 2016 in Höhe von 39.509,40 €. Der Erstattung war ein sozialgerichtliches Verfahren vorausgegangen, in dessen Rahmen festgestellt worden war, dass die Klägerin für den genannten Zeitraum zu Unrecht zur freiwilligen Krankenversicherung herangezogen worden sei. Tatsächlich habe sie die Voraussetzungen der Pflichtversicherung erfüllt. Das Versicherungsverhältnis wurde in der Folge rückwirkend umgestellt. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr teilten die Kläger dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt) mit, dass die Erstattung der Krankenkasse nicht der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen sei. Es habe sich nicht um einen typischen Erstattungsfall nach § 10 Abs. 4b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehandelt; denn diese Regelung beziehe sich auf Beitragsrückerstattungen, die z. B. auf einer Nichtinanspruchnahme von Versicherungsleistungen beruhten, oder auf Bonuszahlungen etc., ohne dass sich der Versicherungsstatus ändere. In ihrem Fall hingegen beruhten die Erstattungen darauf, dass der Status der Klägerin neu geordnet worden sei.
Das Finanzamt folgte dieser Auffassung nicht. Es erfasste die Zahlung der Krankenkasse als erstattete Aufwendungen und verrechnete diese zunächst mit den Vorsorgeaufwendungen. Den verbleibenden Betrag von 37.719 € rechnete das Finanzamt dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzu.

Der BFH hat entschieden, dass die Vorgehensweise des Finanzamts der gesetzlichen Regelung entspricht. Danach ist ein Erstattungsüberhang mit anderen gleichartigen Aufwendungen zu verrechnen. Ein danach verbleibender Erstattungsüberhang ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Einzubeziehen sind alle Zahlungen, die der Steuerpflichtige als Rückfluss von Aufwendungen erhält, die er in zurückliegenden Jahren mit den dort jeweils genannten Sonderausgaben getätigt hat. Auf den Grund für den Rückfluss der Aufwendungen kommt es nicht an.

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Umsatzsteuer bei Übernahme von Notfalldiensten

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, sind von der Umsatzsteuer befreit. Andere Leistungen von Ärzten unterliegen
daher der Umsatzsteuer.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist selbständiger Arzt der Allgemeinmedizin. Einen eigenen Praxisbetrieb unterhielt er nicht. Er übernahm als Vertreter für andere Ärzte die ordnungsgemäße Durchführung von Notdiensten. Seine ärztlichen Leistungen, die er im Notfalldienst erbrachte, rechnete er entweder über Privatliquidationen oder mit der kassenärztlichen Vereinigung entsprechend den getroffenen Vereinbarungen ab. Von dem jeweils vertretenen Arzt erhielt er ein Stundenhonorar zwischen 20 € und 40 €. Daneben führte er in den Streitjahren für die Polizeibehörde Blutentnahmen durch, wobei der Untersuchungsbefund nach bestimmten Merkmalen festzuhalten war. Die Liquidation für die Blutentnahmen erfolgte gegenüber der Landeskasse und hing dabei unter anderem davon ab, zu welchem Zeitpunkt und wie viele Blutentnahmen durchgeführt wurden. Der Kläger gab keine Umsatzsteueranmeldungen ab, weil er der Auffassung war, dass es sich insgesamt um umsatzsteuerfreie ärztliche Leistungen gehandelt habe.
Die Honorare für die Blutentnahmen sowie die Vergütung, die die Ärzte für die Übernahme der Notdienste zahlten, unterwarf das Finanzamt der Umsatzsteuer, weil es sich hierbei nicht um Vergütungen für therapeutische Zwecke (ärztliche Leistungen) gehandelt habe.

Das Finanzgericht beurteilte die Vergütungen, die andere Ärzte allein für die Übernahme der Notdienste gezahlt haben, nicht als begünstigte Heilbehandlung. Vielmehr handle es sich hier um eine sonstige Leistung, die gegenüber dem vertretenen Arzt erbracht worden sei, nicht aber um eine Heilbehandlung.

Auch die Umsätze aus den Blutentnahmen für die Polizei sind umsatzsteuerpflichtig. Umsätze aus ärztlicher Sachverständigentätigkeit und der Erstellung von Gutachten können nur dann steuerfrei sein, wenn der Hauptzweck der Begutachtung im Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit liegt. Steuerpflichtig sind dagegen Gutachten, die der Entscheidungsfindung eines Dritten dienten, die gegenüber dem Betroffenen oder einer anderen Person Rechtswirkungen entfalte. Ein mittelbarer Beitrag zum Schutz des Betroffenen reicht nicht aus. Somit sind Alkohol- und Drogengutachten zum Zwecke der Untersuchung der Fahrtüchtigkeit sowie im Zusammenhang mit anderen gerichtlichen Zwecken nicht von der Umsatzsteuer befreit. 

Hinweis: Für Umsätze von Ärzten, bei denen es sich nicht um eine Heilbehandlung handelt, kann die Kleinunternehmerregelung beansprucht werden. Voraussetzung ist, dass Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Die steuerfreien ärztlichen Umsätze bleiben bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes unberücksichtigt. Das heißt, dass neben den steuerfreien ärztlichen Umsätzen weitere Umsätze bis zu 22.000 € nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden müssen.

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

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Wachstumschancengesetz

Das Bundesministerium der Finanzen hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachungen und Steuerfairness veröffentlicht. Ziel ist es, die Liquiditätssituation der Unternehmen zu verbessern und Impulse zu setzen, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren und mit unternehmerischem Mut Innovationen wagen können. Daneben werden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Steuersystem an zentralen Stellen zu vereinfachen und durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie zu entlasten.

Hervorzuheben sind folgende geplante Maßnahmen: 

  • Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung
  • Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs
  • Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 €
  • Verbesserung der Liquidität bei kleinen und mittleren Unternehmen bei den Abschreibungsmöglichkeiten zu den Sammelposten und zur Sonderabschreibung nach § 7g EStG
  • Reform der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG)
  • Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG
  • Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (§ 141 AO)
  • Anhebung der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung (Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten)
  • Digitalisierung des Spendenverfahrens
  • Anpassung des Zuwendungsempfängerregisters
  • Einführung einer Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
  • Erhöhung des Schwellenwertes zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 € auf 2.000 €.
  • Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen wird auf innerstaatliche Steuergestaltungen ausgeweitet
  • Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen zwischen inländischen Unternehmen
  • Reform der Zinsschranke
  • Einführung einer Zinshöhenschranke
  • Anpassung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung
  • Anpassung der AO und anderer Steuergesetze an das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG)
  • Einführung einer Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung insbesondere von mehr Klimaschutz

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Kinderbetreuungskosten: Haushaltszugehörigkeit

Kinderbetreuungskosten sind zu zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens bis 4.000 € je Kind als Sonderausgaben abziehbar. Es muss sich um Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes handeln, das zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört und das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Weitere Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt ist.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist Vater einer Tochter. Die Mutter des Kindes ist mit dem Kläger nicht verheiratet und lebt zwischenzeitlich in einer eigenen Wohnung, die 4 Kilometer von der Wohnung des Vaters entfernt liegt. Der Kläger und die Mutter sind gemeinsam sorgeberechtigt und haben eine detaillierte Regelung zum Umgangsrecht vereinbart. Kindergeld wurde an die Kindesmutter gezahlt. Der Kläger erbrachte im Streitjahr Beiträge (ohne Essensgelder) in Höhe von 450 €. Ferner überwies er im Streitjahr weitere Beträge an die Kita. Im Klageverfahren wurden korrigierte, auf den Kläger ausgestellte Rechnungen vorgelegt. Ferner überwies der Kläger an die Kindesmutter im Streitjahr weitere Beträge für die Kita, welche die Kindesmutter ihrerseits weiterzahlte. Das Finanzamt lehnte eine steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ab, weil die Tochter nicht zum Haushalt des Klägers gehört. Der Kläger beantragte, dass die Kinderbetreuungskosten in voller Höhe (ohne Quotelung und ohne Abzugsbegrenzung) bei ihm steuermindernd berücksichtigt werden.

Das Finanzgericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, weil die gesetzliche Voraussetzung, dass das Kind zum Haushalt des Klägers gehört, nicht erfüllt ist. Haushaltszugehörigkeit bedeutet, dass das Kind bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen dessen Wohnung teilt oder sich mit Einwilligung des Steuerpflichtigen vorübergehend außerhalb der Wohnung aufhält. Bei getrenntlebenden Eltern wird das Kind in der Regel zum Haushalt des Elternteils gehören, dem das Sorgerecht zusteht und der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Besuche des Kindes bei dem zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil begründen keine auf Dauer angelegte Haushaltszugehörigkeit. Wenn das Sorgerecht den Eltern gemeinsam zusteht, ist das Kind im Regelfall dem Haushalt zuzuordnen, in dem es sich überwiegend aufhält und wo sich der Mittelpunkt seines Lebens befindet. 

In Ausnahmefällen kann jedoch auch eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile bestehen, wenn das Kind tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebt und in beide Haushalte eingegliedert ist. Davon ausgehend kommt das Finanzgericht zur Überzeugung, dass das Kind im Streitjahr nicht zum Haushalt des Klägers zugehörig war. 

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen (Az. beim BFH: III R 8/23). Es ist sinnvoll in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf dieses Verfahren Einspruch einzulegen und eine Aussetzung des Einspruchsverfahrens bis zur Entscheidung durch den BFH zu beantragen.

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Haushaltnahe Dienstleistungen bei Mietern

Mieter können Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen steuermindernd geltend machen, auch wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.

Praxis-Beispiel:
Die Kläger wohnten in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab.

Der BFH gab den Steuerpflichtigen Recht. Der Steuerermäßigung steht es nicht entgegen, dass Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, z. B. dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, regelmäßig nicht selbst abschließen. Für die Gewährung der Steuerermäßigung ist es ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zugutekommen. Soweit das Gesetz zudem verlangt, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten haben muss und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist, genügt als Nachweis auch eine Abrechnung über die Wohnnebenkosten oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht. 

Fazit: Aus den Unterlagen müssen sich Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben. Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibt es dem Finanzamt oder im Klageverfahren dem Finanzgericht unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.

Hinweis: Diese Rechtsprechung gilt entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (regelmäßig vertreten durch deren Verwalter) erfolgt ist.

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