Eine Dinner-Show ist ein Leistungsbündel aus Unterhaltung und kulinarischer Versorgung der Gäste. Nach der BFH-Rechtsprechung handelt es sich um eine einheitliche, komplexe Leistung, die als Gesamtleistung nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Diese Leistung unterlag dem Grunde nach insgesamt dem Regelsteuersatz, weil die Menü-Begleitung nicht dem ermäßigten, sondern dem Regelsteuersatz unterlag. Aber! Infolge des Corona-Steuerhilfegesetzes gilt der ermäßigte Steuersatz vom 1.7.2020 zumindest bis zum 31.12.2023 auch für die Menü-Begleitung, sodass die komplexe Leistung nun mehr dem ermäßigten Steuersatz unterliegen muss. Alles andere widerspräche dem Sinn der Regelungen zum ermäßigten Steuersatz und somit dem Ziel der Gesetzgebung.
Praxis-Beispiel: Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei der "Dinner-Show", die aus den Bestandteilen "Varieté-Aufführung" und "Menü-Begleitung" besteht, um eine einheitliche, komplexe Leistung handelt. Getränke wurden gesondert in Rechnung gestellt. Da infolge des Corona-Steuerhilfegesetzes für die Menü-Begleitung ebenfalls ein ermäßigter Steuersatz gelte, müsse auch die komplexe Gesamtleistung dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, weil alles andere dem Sinn der Regelungen zum ermäßigten Steuersatz widersprechen würde. Das Finanzamt wendete hingegen den Regelsteuersatz an.
Das Finanzgericht hat entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz im Wege der erweiternden Auslegung insgesamt auf die Leistung "Dinner-Show" anzuwenden ist. Unter Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes liegt eine planwidrige Regelungslücke vor, weil der Steuersatz von 7%
sowohl für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie für Theatervorführungen, Konzerte und vergleichbare Darbietungen ausübender Künstler gilt
als auch für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
Die künstlerischen und artistischen Elemente und das mehrgängige Menü verbinden sich zu einem untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang. Eine Aufspaltung ist angesichts der gewünschten Verbindung von Menü und Show ebenso lebensfremd wie die Annahme, das Menü sei eine Nebenleistung zur Show oder die Show Nebenleistung zum Menü. Show und Menü sind aufeinander abgestimmt und greifen in zeitlicher Hinsicht ineinander. Durch die Verflechtung kann die Leistung nur insgesamt in Anspruch genommen werden. Der Besucher will Show und Menü zusammen erleben und genießen. Es geht um die Verbindung beider Elemente.
Fazit: Ein Ausschluss einer komplexen Leistung von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes stellt zumindest dann einen Wertungswiderspruch zur gesetzlichen Regelung dar, wenn die Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung gleichwertiger Bestandteil der Leistung neben einem weiteren Leistungsbestandteil ist, der seinerseits dem ermäßigten Steuersatz unterläge, wenn dieser den Hauptbestandteil der komplexen Leistung bildete.
Hinweis: Das Finanzamt hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. beim BFH: XI B 3/23). Die endgültige Entscheidung des Finanzgerichts bleibt daher abzuwarten.
Die Nutzungsdauer eines Firmen-Pkw beträgt nach der amtlichen Abschreibungstabelle 6 Jahre. Das entspricht einer linearen Abschreibung von 16,67% pro Jahr. Die amtliche Abschreibungstabelle gilt jedoch nur für neue Fahrzeuge. Bei Gebrauchtfahrzeugen muss die Restnutzungsdauer im Zeitpunkt des Erwerbs geschätzt werden. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass der BFH die Nutzungsdauer für neue Fahrzeuge von 6 Jahren, so wie sie in der amtlichen Abschreibungstabelle ausgewiesen ist, für die Rechtsprechung nicht als verbindlich ansieht. Bei einer normalen jährlichen Fahrleistung von 15.000 km hält er eine Nutzungsdauer von 8 Jahren für angemessen, was einer jährlichen Abschreibung von 12,5% entspricht. Die 8-jährige Nutzungsdauer entspricht nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung somit einer Fahrleistung von 120.000 km.
Für gebrauchte Pkw gibt es keine festen Regeln, nach denen die verbleibende Nutzungsdauer ermittelt werden kann. Die verbleibende Restnutzungsdauer ist bei Erwerb eines gebrauchten Pkw neu zu schätzen. Je nach Alter und Kilometerleistung des gebraucht gekauften Pkw kann sich aus der Addition der Nutzungsdauer bis zum Kauf des Fahrzeugs und der sich anschließenden Restnutzungsdauer eine Gesamtnutzungsdauer von mehr als 6 bzw. 8 Jahren ergeben. Bei der Beurteilung der verbleibenden Nutzungsdauer sind folgende Kriterien zu beachten:
Pkw-Typ, z. B. ohne oder mit E-Antrieb,
Alter des Fahrzeugs, jährliche Fahrleistung und
betriebstypischer Einsatz.
Die amtliche Abschreibungstabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter unterscheidet nicht zwischen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und Elektrofahrzeugen bzw. Plug-In-Hybridfahrzeugen. Ein wertbeeinflussender Faktor bei Elektrofahrzeugen bzw. Plug-In-Hybridfahrzeugen ist sicherlich das Batteriesystem. Es stehen zurzeit keine repräsentativen Erfahrungen zur Verfügung, um die Lebensdauer von Batteriesystemen zutreffend einschätzen zu können.
Beim Kauf eines gebrauchten Elektro-Fahrzeugs ist der aktuelle Zustand der Batterie ein wesentlicher Faktor, weil diese eines der wesentlichen und teuersten Bestandteile ist. Da es inzwischen Möglichkeiten gibt, die Qualität der Batterie zu testen, macht es Sinn, diesen Test vor dem Kauf eines Elektro-Fahrzeugs durchführen zu lassen. Dadurch sind nicht nur teure Reparaturen vermeidbar, vielmehr lässt sich dadurch auch die voraussichtliche Nutzungsdauer besser bestimmen. Eine Stellungnahme der Finanzverwaltung hierzu liegt bisher noch nicht vor.
Drittaufwand liegt vor, wenn ein Dritter Aufwendungen trägt, die der Steuerpflichtige schuldet. Grundsätzlich gilt, dass ein Steuerpflichtiger nur seine eigenen Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten steuerlich geltend machen kann. Aber! Aufwendungen Betriebsausgaben oder Werbungskosten können steuerlich abgezogen werden, wenn ein abgekürzter Zahlungs- und/oder Vertragsweg vorliegt. Ein abgekürzter Zahlungsweg liegt vor, wenn ein Dritter (z. B. ein Angehöriger) anstelle einer Schenkung die Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln übernimmt.
Fazit: Aufwendungen eines Dritten, die durch die Einkünfteerzielung des Steuerpflichtigen veranlasst sind, sind als Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu werten, wenn es sich um eine Abkürzung des Zahlungswegs handelt, d.h. wenn der Dritte für Rechnung des Steuerpflichtigen an dessen Gläubiger leistet.
Praxis-Beispiel: Ein Dritter schließt in eigenem Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag über Instandsetzungsarbeiten ab. Aufgrund dessen schuldet er die Zahlung (= abgekürzter Vertragsweg). Diese Aufwendungen sind dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. Das heißt, der Steuerpflichtige kann diesen Aufwand bei seinen Vermietungseinkünften als Werbungskosten abziehen, weil der Dritte ihm den Betrag zuwendet.
Der übernommene Aufwand stellt beim Steuerpflichtigen selbst Werbungskosten (z. B. bei der Handwerkerrechnung bzgl. einer im Privatvermögen vermieteten Immobilie) oder Betriebsausgaben (z. B. bei einer Handwerkerrechnung bzgl. des betrieblich genutzten Gebäudes) dar. Die Gründe für die Übernahme der Verbindlichkeit sind hierbei nicht von Bedeutung. So kann dies etwa vorkommen, um den Betrieb in einem finanziellen Engpass zu unterstützen oder auch nur wegen einer schnelleren oder einfacheren Abwicklung der Zahlungsvorgänge.
Praxis-Beispiel: Die Ehefrau ist Eigentümerin einer vermieteten Eigentumswohnung. Weil ihr Hauskonto im Augenblick kein ausreichendes Guthaben ausweist, überweist der Ehemann eine Reparaturrechnung von seinem Gehaltskonto. Ein späterer Ausgleich ist zwischen den Ehegatten nicht vereinbart und wird wegen der gemeinsamen Wirtschaftsführung auch nicht geleistet. In diesem Fall wird der Drittaufwand steuerlich anerkannt. Die Ehefrau kann deshalb die entsprechenden Reparaturkosten als Werbungskosten bei ihren Vermietungseinkünften abziehen, obwohl sie den Aufwand nicht selbst getragen hat.
Die Begründung sieht die Rechtsprechung in dem Gedanken der Abkürzung des Zahlungswegs: Der Ehemann hätte der Ehefrau zuerst den Geldbetrag schenken können, z. B. durch Übergabe der Zahlungsmittel oder durch Überweisung auf ihr Konto. Anschließend hätte die Ehefrau aus den geschenkten Mitteln die Werbungskosten bezahlen können. Die steuerliche Anerkennung des Drittaufwands bei Abkürzung des Zahlungsweges soll den Ehegatten diesen umständlichen Zahlungsweg ersparen. Gleiches würde auch gelten, wenn im Beispielsfall die Beteiligten nicht verheiratet oder nicht verwandt sind. Sie müssen auch keine nahestehenden Personen sein.
Bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt Drittaufwand vor, wenn ein Dritter sie trägt und das angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut vom Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Deshalb kommt die Berücksichtigung einer Abschreibung oder einer Aufwandsverteilung für einen vom Nichteigentümer-Ehegatten betrieblich genutzten Gebäudeteil als Betriebsausgabe grundsätzlich nicht in Betracht, wenn das Darlehen zur Finanzierung der Anschaffungskosten des Gebäudes allein vom Eigentümer-Ehegatten aufgenommen wurde und die Zahlungen zur Tilgung dieses Darlehens von einem gemeinsamen Oder-Konto der Eheleute geleistet werden.
Fazit: Der Bereich des Drittaufwands berührt Fragen der persönlichen Leistungsfähigkeit und somit auch des objektiven Nettoprinzips. Es fehlen hier gesetzliche Regelungen. Somit kommt der Auswertung der Rechtsprechung erhöhte Bedeutung zu. Das Verständnis der durch die Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze durch die Finanzverwaltung ist häufig sehr restriktiv zu Lasten der Steuerpflichtigen. Dennoch bieten die Anweisungen in den Einkommensteuer-Hinweisen eine wertvolle Hilfestellung beim Bearbeiten und Lösen einschlägiger Fälle.
Die Bundesregierung plant, ab dem 1.7.2023 den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung von bisher 3,05% auf 3,4% zu erhöhen. Für Kinderlose, die das 23. Lebensjahr vollendet haben, soll der Beitragssatz von 3,4% auf 4,0% des Bruttoentgelts steigen. Damit setzt der Gesetzgeber auch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung des Erziehungsaufwands von Eltern mit mehreren Kindern um. Gleichzeitig nutzt der Gesetzgeber diese Gelegenheit auch zur Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes zur Pflegeversicherung. Der neue Beitragssatz von 3,4% (bisher 3,05%) gilt für Eltern mit einem Kind und ist gleichzeitig die Basis für die Berechnung der Beiträge für Kinderlose und für Eltern mit zwei und mehr Kindern.
An dem Prinzip, dass Kinderlose bei der Pflegeversicherung höhere Beiträge zahlen, ändert sich nichts. Allerdings ist es nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, dass der mit steigender Kinderanzahl anwachsende Erziehungsaufwand im Beitragsrecht der Pflegeversicherung nicht ausreichend berücksichtigt wird. Die Benachteiligung tritt bereits ab dem zweiten Kind ein. Für eine Neuregelung hatte das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 7.4.2022, 1 BvL 3/18) dem Gesetzgeber eine Frist bis 31.7.2023 eingeräumt. Diese Neuregelung sieht wie folgt aus:
Gestaffelte Entlastung nach Anzahl der Kinder Beschäftigte mit mehreren Kindern werden ab dem zweiten Kind (gestaffelt nach Kinderzahl) mit einem Abschlag entlastet. Ab dem sechsten Kind ist keine weitere Differenzierung vorgesehen. Berücksichtigt werden Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.
Der Zuschlag für Kinderlose wird von 0,35% auf 0,6% erhöht, sodass der Beitrag auf 4,0% ansteigt. Eltern mit mehr als einem Kind unterhalb der Altersgrenze werden gestaffelt, nach ihrer Kinderzahl, wie folgt mit einem Abschlag vom Beitragssatz entlastet:
0,25 Prozent bei zwei Kindern (Beitragssatz: 3,15%)
0,50 Prozent bei drei Kindern (Beitragssatz: 2,9%)
0,75 Prozent bei vier Kindern (Beitragssatz: 2,65%)
1,00 Prozent bei fünf und mehr Kindern (Beitragssatz: 2,4%)
Die Abschläge für Kinder gelten ab Beginn des Monats der Geburt (Nachweis innerhalb von drei Monaten). Später eingereichte Nachweise wirken ab Beginn des Folgemonats. Kinder, die das 25. Lebensjahr vollenden, werden mit Ablauf des Monats nicht mehr berücksichtigt.
Beitragsanteil der Arbeitgeber: 1,7% Arbeitgeber und Beschäftigte tragen die Beiträge jeweils zur Hälfte. Dafür wird der Beitragssatz von 3,4% für Eltern mit einem Kind zugrunde gelegt. Während der Beitragssatz für Beschäftigte mit mehreren Kindern abnimmt und für Kinderlose steigt, beträgt der Beitragsanteil des Arbeitgebers gleichbleibend 1,7%.
Übergangsfrist Nachweise für vor dem 1.7.2023 geborene Kinder, die bis zum 31.12.2023 erbracht werden, wirken vom 1.7.2023 an. Die Nachweise sind gegenüber der beitragsabführenden Stelle zu erbringen. Das ist z. B. der Arbeitgeber. Freiwillig versicherte Selbstzahler weisen die Kinderanzahl direkt gegenüber der Pflegekasse nach.
Unternehmer müssen bei der Umsatzsteuer zwischen Soll- und Ist-Besteuerung unterscheiden.
Soll-Besteuerung = Versteuerung der Umsätze nach vereinbarten Entgelten Nachteil ist, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss, sobald er diese in Rechnung gestellt hat, auch wenn der Kunde noch nicht gezahlt hat.
Ist-Besteuerung = Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten Vorteil ist, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer erst dann an sein Finanzamt zahlt, nachdem die Rechnungen bezahlt wurden. Er braucht die Umsatzsteuer nicht vorzufinanzieren.
Das Finanzamt kann einem Unternehmer auf Antrag gestatten, seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten zu versteuern,
wenn sein Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 € betragen hat oder
wenn er von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, befreit ist (§ 148 AO) oder
wenn er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs ausführt und seinen Gewinn nicht durch Bilanzierung ermittelt.
Zum umsatzsteuerlichen Unternehmen gehören nicht nur selbständig ausgeübte Tätigkeiten, sondern auch die Vermietung an umsatzsteuerpflichtige Unternehmen, wenn der Vermieter seine Einnahmen freiwillig der Umsatzsteuer unterwirft.
Freiberufler, die ihren Gewinn mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, dürfen immer (unabhängig von der Höhe ihres Umsatzes) die Ist-Besteuerung wählen. Unternehmer, die gemäß § 148 AO von der Bilanzierung befreit sind, dürfen ebenfalls die Ist-Besteuerung wählen. In allen anderen Fällen kommt es darauf an, wie hoch der Gesamtumsatz im Vorjahr gewesen ist.
Praxis-Beispiel (Ist-Besteuerung bei Bilanzierung): Die Kunden eines Unternehmers zahlen regelmäßig innerhalb von 1 bis 3 Monaten nach Erhalt der Rechnungen. Obwohl der Unternehmer bilanziert, hat er die Ist-Besteuerung gewählt. Er stellt eine Rechnung über 3.000 € zuzüglich 570 € Umsatzsteuer aus. Bei der Ist-Besteuerung, ist die Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Rechnungsstellung noch nicht fällig. Nicht bilanzierende Freiberufler dürfen immer die Ist-Besteuerung beanspruchen.
Die Ist-Besteuerung ist nicht zulässig, wenn der Unternehmer aufgrund seiner Umsätze buchführungspflichtig ist oder freiwillig Bücher führt. Bilanzierungspflicht und die freiwillige Bilanzierung sind nach der BFH-Rechtsprechung gleich zu behandeln. Das heißt, dass Freiberufler, die bilanzieren, ihre Umsätze nach dem Soll-Prinzip versteuern müssen.
Der Vorjahresumsatz darf den Grenzwert von 600.000 € (laut Entwurf des Wachstumschancengesetzes soll der Grenzwert ab 1.1.2024 auf 800.000 € angehoben werden) nicht überschreiten. Hat der Unternehmer im Vorjahr mit seiner unternehmerischen Tätigkeit begonnen, muss er den tatsächlichen Umsatz in einen Jahresumsatz hochrechnen. Bei der Umsatzsteuer ist ein Unternehmer mit allen Tätigkeiten, die er ausübt, nur einmal Unternehmer. Anders als bei der Einkommensteuer kann das umsatzsteuerliche Unternehmen aus mehreren Betrieben bestehen. Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes sind daher die Umsätze aller Betriebe zusammenzurechnen. Eine Zusammenrechnung erfolgt nicht mit den Betrieben, die die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ist-Besteuerung erfüllen.
Genehmigung der Ist-Besteuerung durch das Finanzamt: Der Unternehmer muss sich die Ist-Besteuerung vom Finanzamt genehmigen lassen. Die Genehmigung ist immer erforderlich, auch wenn der Unternehmer ausschließlich freiberufliche Einkünfte erzielt. Der Antrag an das Finanzamt ist weder an eine bestimmte Form und noch an eine Frist gebunden. Der Unternehmer kann seinen Antrag auch durch schlüssiges Verhalten stellen, indem er seine Umsätze – erkennbar für das Finanzamt – nach vereinnahmten Entgelten in der Steuererklärung ausweist.
Die im Jahr 2020 gezahlten Corona-Hilfen stellen keine außerordentlichen Einkünfte dar, die nur ermäßigt zu besteuern sind.
Praxis-Beispiel: Der Kläger führte als Einzelunternehmer eine Gaststätte und ein Hotel. Er war in 2020 von zeitweisen betrieblichen Einschränkungen und Schließungen aufgrund der Coronaschutzverordnungen betroffen. Ihm wurden wegen der pandemiebedingten Einschränkungen eine Soforthilfe von 15.000 €, eine Überbrückungshilfe I von 6.806 € und die sogenannte „November-/Dezemberhilfe“ in Höhe von 42.448 € gewährt. Das Finanzamt unterwarf diese der tariflichen Einkommensteuer.
Der Kläger beantragte, dass die Corona-Hilfen ermäßigt besteuert werden. Die Hilfszahlungen seien Entschädigungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen bzw. für die Nichtausübung einer Tätigkeit aufgrund der pandemiebedingten Schließung des Geschäftsbetriebs. Die Hilfszahlungen hätten beim ihm zu außerordentlichen Einkünften geführt, weil er in 2020 einen höheren Gewinn gehabt habe, als es bei einem normalen Ablauf der Fall gewesen wäre. Im Jahr 2020 habe er nach den betriebswirtschaftlichen Auswertungen einen Gewinn vor Steuern von ca. 80.000 € erzielt. In den drei Vorjahren habe der Gewinn zwischen 55.000 € und 70.000 € gelegen und sei damit deutlich geringer gewesen. Die Auswertungen hätten Umsatzerlöse von ca. 190.000 € (ohne die Zuschüsse) ausgewiesen, während diese für die drei Vorjahre bei etwa 260.000 € bis 290.000 € gelegen hätten. Er habe daher Anspruch auf eine Milderung der Einkommensteuer.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen, weil es nicht darauf ankommt, ob die Zuschüsse eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen oder eine Entschädigung für die Nichtausübung einer Tätigkeit darstellen. Es handelt sich nämlich nicht um außerordentliche Einkünfte. Der Kläger habe im Jahr 2020 lediglich Corona-Hilfen gewinnerhöhend erfasst, die sich auf das Jahr 2020 bezogen haben. Das heißt, dass sich die Corona-Hilfen nicht auf andere Veranlagungszeiträume erstreckten. Sie sind somit nicht in einem anderem Veranlagungszeitraum bezogen worden als dem, für den sie gezahlt wurden. Somit sind sie in diesem Veranlagungszeitraum mit regulären anderen Einkünften des Klägers aus seinem Gewerbebetrieb zusammengetroffen.
Es ist unerheblich, dass der Kläger durch die Corona-Hilfen im Jahr 2020 einen höheren Gewinn erzielt habe, als es bei normalem Ablauf der Fall gewesen wäre. Im Jahr 2020 haben die Betriebseinnahmen selbst unter Einbezug der Zuschüsse unterhalb des Niveaus der Vorjahre gelegen. Dass der Gewinn höher als in den Vorjahren gewesen ist, zeigt nur, dass die Corona-Hilfen überhöht waren. Dies führt jedoch nicht zu außerordentlichen Einkünften.