Steuernews

Nachträgliche Anrechnung einer Unfallrente

Wird eine Witwenrente rückwirkend teilweise durch eine steuerfreie Unfallrente ersetzt, handelt es sich um ein Ereignis, das steuerlich auf das Jahr des Zuflusses zurückwirkt. Die entsprechende Korrektur des Steuerbescheids muss daher im Jahr des Zuflusses und nicht erst im Jahr der Verrechnung erfolgen.

Praxis-Beispiel:
Der Klägerin wurde 2020 eine Witwenrente bewilligt. Dem Finanzamt wurde die Höhe der Rentenzahlungen elektronisch mitgeteilt. Das Finanzamt berücksichtigte diese Rente mit ihrem steuerpflichtigen Teil als Leibrente bei den sonstigen Einkünften. Rückwirkend für die Zeit ab dem 31.12.2018 erhielt die Klägerin von der Berufsgenossenschaft eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Ihr wurde mitgeteilt, dass diese Rente auf die Witwenrente anzurechnen sei. 
Das Finanzamt lehnte eine entsprechende Berichtigung des Steuerbescheids für 2020 ab, weil die Änderung des Rechtsgrundes der Rentenzahlung (Unfall- statt Witwenrente) kein rückwirkendes Ereignis sei. Bei Rentenzahlungen gelte das Zu- und Abflussprinzip.

Der Erstattungsanspruch, der der Rentenkasse gegenüber der Berufsgenossenschaft zusteht, ist als steuerfreie Zahlung der Berufsgenossenschaft aus der gesetzlichen Unfallversicherung anzusehen. Der Erstattungsanspruch entsteht mit Bekanntgabe des Leistungsbescheides des erstattungspflichtigen Leistungsträgers an den Leistungsberechtigten (= Erfüllungsfiktion gemäß § 107 SGB X). Kraft dieser Erfüllungsfiktion gilt der Sozialleistungsanspruch des Berechtigten sowohl faktisch als auch rechtlich als erfüllt. Das heißt, der Berechtigte darf die Leistung behalten. Der Sozialversicherungsträger, der gezahlt hat, hat keinen Anspruch auf Rückforderung gegenüber dem Leistungsempfänger.

Die abweichende Annahme des Finanzamts, die Klägerin habe im Jahr 2021 durch Verrechnung Leistungen zurückgewährt, ist unzutreffend, weil die Klägerin zu keiner Rückzahlung verpflichtet war. Ihr Anspruch für die Jahre 2019 und 2020 auf Leistungen aus der Unfallrente war durch die in den Vorjahren erfolgten Zahlungen erfüllt und damit erloschen.

Konsequenz: Die Umqualifizierung der Leistungen ist im Veranlagungszeitraum 2020 zu berücksichtigen.

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Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

Beim Vorsteuerabzug aus Betriebsveranstaltungen ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die bezogenen Leistungen 

  • ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienten oder
  • durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt sind.

Bezieht der Unternehmer Leistungen für sogenannte Betriebsveranstaltungen (z. B. Weihnachtsfeier), ist er nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind.

Praxis-Beispiel:
Zur Durchführung der Weihnachtsfeier mietete der Kläger für ein "Kochevent" bei einem Veranstalter ein entsprechendes Kochstudio. Dort bereiteten die Teilnehmer unter Anleitung von zwei Köchen gemeinsam das Abendessen zu, das sie anschließend gemeinsam verzehrten. Mit einer Rechnung wurden dem Kläger für das "Kochevent für 32 Personen" 3.919,90 € + 744,78 € USt = 4.664,68 € berechnet. Den Vorsteuerabzug von 744,78 € lehnte das Finanzamt ab, weil die Kosten der Veranstaltung über der Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer lagen.

Das Recht auf Vorsteuerabzug besteht für den Unternehmer, soweit er Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt. Von nicht steuerbaren Leistungen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, ist deshalb auszugehen, wenn sie überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind, auch wenn diese die Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer zur Folge haben.

Bis zu einem Betrag von 110 € je Betriebsveranstaltung und Arbeitnehmer wird die Befriedigung des privaten Bedarfs vom betrieblichen Zwecke überlagert. Bei Beträgen von mehr als 110 € je Betriebsveranstaltung und Arbeitnehmer steht die Befriedigung des privaten Bedarfs im Vordergrund. Das heißt, dass keine steuerbaren Umsätze vorliegen, aber wegen der nicht betrieblichen Verwendung der Vorsteuerabzug entfällt.

Aufgrund des dann fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zu einem konkreten Ausgangsumsatz ist über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden. Da die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses erfolgten, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

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Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die dem Steuerpflichtigen erstattet worden sind, sind auch dann zu verrechnen und dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen, wenn die Erstattung darauf beruht, dass ein Sozialversicherungsverhältnis rückabgewickelt oder rückwirkend umgestellt worden ist. Die Verrechnung und die Hinzurechnung gemäß § 10 Abs. 4b Sätze 2 und 3 EStG sind unabhängig davon vorzunehmen, ob im Erstattungsjahr noch eine Änderung der Bescheide der Zahlungsjahre möglich ist. Die Regelungen über die Verrechnung und Hinzurechnung erstatteter Sonderausgaben verstoßen nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot oder den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2017 von der ihrer Krankenkasse eine Erstattung von Beiträgen zur Basis-Krankenversicherung und zur Basis-Pflegeversicherung der Jahre 2003 bis 2016 in Höhe von 39.509,40 €. Der Erstattung war ein sozialgerichtliches Verfahren vorausgegangen, in dessen Rahmen festgestellt worden war, dass die Klägerin für den genannten Zeitraum zu Unrecht zur freiwilligen Krankenversicherung herangezogen worden sei. Tatsächlich habe sie die Voraussetzungen der Pflichtversicherung erfüllt. Das Versicherungsverhältnis wurde in der Folge rückwirkend umgestellt. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr teilten die Kläger dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt) mit, dass die Erstattung der Krankenkasse nicht der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen sei. Es habe sich nicht um einen typischen Erstattungsfall nach § 10 Abs. 4b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehandelt; denn diese Regelung beziehe sich auf Beitragsrückerstattungen, die z. B. auf einer Nichtinanspruchnahme von Versicherungsleistungen beruhten, oder auf Bonuszahlungen etc., ohne dass sich der Versicherungsstatus ändere. In ihrem Fall hingegen beruhten die Erstattungen darauf, dass der Status der Klägerin neu geordnet worden sei.
Das Finanzamt folgte dieser Auffassung nicht. Es erfasste die Zahlung der Krankenkasse als erstattete Aufwendungen und verrechnete diese zunächst mit den Vorsorgeaufwendungen. Den verbleibenden Betrag von 37.719 € rechnete das Finanzamt dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzu.

Der BFH hat entschieden, dass die Vorgehensweise des Finanzamts der gesetzlichen Regelung entspricht. Danach ist ein Erstattungsüberhang mit anderen gleichartigen Aufwendungen zu verrechnen. Ein danach verbleibender Erstattungsüberhang ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Einzubeziehen sind alle Zahlungen, die der Steuerpflichtige als Rückfluss von Aufwendungen erhält, die er in zurückliegenden Jahren mit den dort jeweils genannten Sonderausgaben getätigt hat. Auf den Grund für den Rückfluss der Aufwendungen kommt es nicht an.

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Umsatzsteuer bei Übernahme von Notfalldiensten

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, sind von der Umsatzsteuer befreit. Andere Leistungen von Ärzten unterliegen
daher der Umsatzsteuer.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger ist selbständiger Arzt der Allgemeinmedizin. Einen eigenen Praxisbetrieb unterhielt er nicht. Er übernahm als Vertreter für andere Ärzte die ordnungsgemäße Durchführung von Notdiensten. Seine ärztlichen Leistungen, die er im Notfalldienst erbrachte, rechnete er entweder über Privatliquidationen oder mit der kassenärztlichen Vereinigung entsprechend den getroffenen Vereinbarungen ab. Von dem jeweils vertretenen Arzt erhielt er ein Stundenhonorar zwischen 20 € und 40 €. Daneben führte er in den Streitjahren für die Polizeibehörde Blutentnahmen durch, wobei der Untersuchungsbefund nach bestimmten Merkmalen festzuhalten war. Die Liquidation für die Blutentnahmen erfolgte gegenüber der Landeskasse und hing dabei unter anderem davon ab, zu welchem Zeitpunkt und wie viele Blutentnahmen durchgeführt wurden. Der Kläger gab keine Umsatzsteueranmeldungen ab, weil er der Auffassung war, dass es sich insgesamt um umsatzsteuerfreie ärztliche Leistungen gehandelt habe.
Die Honorare für die Blutentnahmen sowie die Vergütung, die die Ärzte für die Übernahme der Notdienste zahlten, unterwarf das Finanzamt der Umsatzsteuer, weil es sich hierbei nicht um Vergütungen für therapeutische Zwecke (ärztliche Leistungen) gehandelt habe.

Das Finanzgericht beurteilte die Vergütungen, die andere Ärzte allein für die Übernahme der Notdienste gezahlt haben, nicht als begünstigte Heilbehandlung. Vielmehr handle es sich hier um eine sonstige Leistung, die gegenüber dem vertretenen Arzt erbracht worden sei, nicht aber um eine Heilbehandlung.

Auch die Umsätze aus den Blutentnahmen für die Polizei sind umsatzsteuerpflichtig. Umsätze aus ärztlicher Sachverständigentätigkeit und der Erstellung von Gutachten können nur dann steuerfrei sein, wenn der Hauptzweck der Begutachtung im Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit liegt. Steuerpflichtig sind dagegen Gutachten, die der Entscheidungsfindung eines Dritten dienten, die gegenüber dem Betroffenen oder einer anderen Person Rechtswirkungen entfalte. Ein mittelbarer Beitrag zum Schutz des Betroffenen reicht nicht aus. Somit sind Alkohol- und Drogengutachten zum Zwecke der Untersuchung der Fahrtüchtigkeit sowie im Zusammenhang mit anderen gerichtlichen Zwecken nicht von der Umsatzsteuer befreit. 

Hinweis: Für Umsätze von Ärzten, bei denen es sich nicht um eine Heilbehandlung handelt, kann die Kleinunternehmerregelung beansprucht werden. Voraussetzung ist, dass Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Die steuerfreien ärztlichen Umsätze bleiben bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes unberücksichtigt. Das heißt, dass neben den steuerfreien ärztlichen Umsätzen weitere Umsätze bis zu 22.000 € nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden müssen.

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

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Wachstumschancengesetz

Das Bundesministerium der Finanzen hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachungen und Steuerfairness veröffentlicht. Ziel ist es, die Liquiditätssituation der Unternehmen zu verbessern und Impulse zu setzen, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren und mit unternehmerischem Mut Innovationen wagen können. Daneben werden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Steuersystem an zentralen Stellen zu vereinfachen und durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie zu entlasten.

Hervorzuheben sind folgende geplante Maßnahmen: 

  • Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung
  • Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs
  • Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 €
  • Verbesserung der Liquidität bei kleinen und mittleren Unternehmen bei den Abschreibungsmöglichkeiten zu den Sammelposten und zur Sonderabschreibung nach § 7g EStG
  • Reform der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG)
  • Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG
  • Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (§ 141 AO)
  • Anhebung der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung (Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten)
  • Digitalisierung des Spendenverfahrens
  • Anpassung des Zuwendungsempfängerregisters
  • Einführung einer Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
  • Erhöhung des Schwellenwertes zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 € auf 2.000 €.
  • Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen wird auf innerstaatliche Steuergestaltungen ausgeweitet
  • Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen zwischen inländischen Unternehmen
  • Reform der Zinsschranke
  • Einführung einer Zinshöhenschranke
  • Anpassung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung
  • Anpassung der AO und anderer Steuergesetze an das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG)
  • Einführung einer Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung insbesondere von mehr Klimaschutz

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