Steuernews

Steuerermäßigung: Zusammengeballte Überstundenvergütungen

Mit steigendem Einkommen erhöht sich die Einkommensteuer progressiv. Werden Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit nicht laufend, sondern in einer Summe ausgezahlt, führt der Progressionseffekt zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten zusätzlichen Steuerbelastung. Um die progressive Wirkung des Einkommensteuertarifs bei dem zusammengeballten Zufluss von Lohnnachzahlungen zu mildern, sieht das Gesetz die Besteuerung dieser Nachzahlungen mit einem ermäßigten Steuersatz vor. Voraussetzung ist allerdings, dass die Nachzahlung sich auf die Vergütung für eine Tätigkeit bezieht, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Konsequenz: Nachgezahlte Überstundenvergütungen, die für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden, sind mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte über einen Zeitraum von drei Jahren in erheblichem Umfang Überstunden geleistet. Erst im vierten Jahr wurden dem Kläger die Überstunden in einer Summe vergütet. Das Finanzamt unterwarf die Überstundenvergütung dem normalen Einkommensteuertarif.

Der BFH folgte dem Antrag des Klägers und wendete auf den Nachzahlungsbetrag den ermäßigten Steuertarif an. Der BFH hat klargestellt, dass die Tarifermäßigung nicht nur auf die Nachzahlung von Festlohnbestandteilen, sondern auch auf Nachzahlungen von variablen Lohnbestandteilen (hier in Form der Überstundenvergütungen) Anwendung findet. Es ist allein entscheidend, ob die nachgezahlte Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet worden ist.

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Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Trennungsjahr

Der Entlastungsbetrag von 4.008 € (vor 2020: 1.908 €) steht einer alleinstehenden Person zu, wenn sie mit mindestens einem Kind, für das sie Kindergeld oder einen Freibetrag für Kinder erhält, in einer Haushaltsgemeinschaft in der gemeinsamen Wohnung lebt. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um 240 €. Der/die Alleinstehende darf mit anderen Personen (außer den Kindern) keine Haushaltsgemeinschaft bilden. Trennen sich die Eltern, wird der Elternteil alleinerziehend bei dem das Kind bzw. die Kinder verbleiben. 

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige ist Vater von zwei Töchtern. Seine damalige Ehefrau und Mutter der gemeinsamen Kinder ist am 30.4.2017 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen. Beide Töchter lebten vom 1.1. bis zum 31.12.2017 im Haushalt des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige wurde einzeln veranlagt und die Einkommensteuer wurde nach dem Grundtarif berechnet. Das Finanzamt berücksichtigte nicht den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Mit der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2019 lehnte das Finanzamt die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG im Jahr der Trennung der Eheleute ab.

Der BFH hat nunmehr entschieden, dass dem Alleinerziehenden im Trennungsjahr für die Monate des Alleinstehens der Entlastungsbetrag zeitanteilig zusteht. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kommt denjenigen zugute, für die das Wahlrecht des § 26 Abs. 1 EStG nicht in Betracht kommt. Der Entlastungsbetrag ist aber auch dann anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige sich gegen eine Zusammenveranlagung entschieden hat, bei der der Splittingtarif anzuwenden ist. Die Entscheidung, ob eine Einzelveranlagung oder eine Zusammenveranlagung erfolgt, hängt von der Wahl der Eheleute ab. Der Steuerpflichtige hat im vorliegenden Fall dieses Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass er sich gegen das Splittingverfahren entschieden und die Einzelveranlagung gewählt hat. 

Die gesetzliche Regelung ist so zu verstehen, dass die „Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens“ erst dann erfüllt sind, wenn das Wahlrecht zugunsten der Zusammenveranlagung ausgeübt worden ist. Konsequenz ist dann, dass der Steuerpflichtige im Trennungsjahr den Entlastungsbetrag genau für die Monate erhält, in denen er tatsächlich alleinerziehend ist.

Die zeitanteilige Gewährung des Freibetrages verhindert eine Benachteiligung von Steuerpflichtigen, die sich im Laufe eines Jahres von ihrem Ehepartner getrennt haben und anschließend die Kinder allein im Haushalt versorgen. Sie dürfen steuerrechtlich nicht schlechter gestellt werden im Vergleich zu nicht verheirateten Steuerpflichtigen, die sich trennen und die Haushaltsgemeinschaft beenden und die den Entlastungsbetrag für die haushaltszugehörigen Kinder danach zeitanteilig zweifelsfrei beanspruchen können.

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Häusliches Arbeitszimmer: Anerkennung

Der BFH hat sein Urteil nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt. Nach diesem Urteil setzt ein Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht voraus, dass das Arbeitszimmer für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich ist. Wird der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt, reicht dies für den Abzug aus.

Praxis-Beispiel:
Eine Flugbegleiterin machte Aufwendungen von 1.250 € für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Für Arbeiten, die sie dort verrichtete, stand ihr unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das Finanzgericht war aber der Ansicht, angesichts des sehr geringen Anteils dieser Arbeiten im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit der Klägerin sei das Vorhalten des Arbeitszimmers nicht erforderlich, da diese Arbeiten auch andernorts (z. B. am Küchentisch) hätten ausgeführt werden können.

Es ist gesetzlich geregelt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht als Werbungskosten abgezogen werden können. Das Gesetz regelt allerdings auch Ausnahmen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer dennoch abziehbar sind. Wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, können Aufwendungen bis zu 1.250 € im Jahr berücksichtigt werden. Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Aufwendungen unbeschränkt abgezogen werden. Es handelt es sich insoweit um typisierende Regelungen, wobei das Gesetz nicht darauf abstellt, ob ein häusliches Arbeitszimmer tatsächlich erforderlich ist. Die „Erforderlichkeit“ ist somit keine Voraussetzung für den steuerlichen Abzug.

Fazit: Ob der Steuerpflichtige die Arbeiten, für die ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, an einem anderen Ort in der Wohnung (am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum) hätte leicht erledigen können, spielt keine Rolle.

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PKW-Überlassung an GmbH-Gesellschafter

Der geldwerte Vorteil für eine private Nutzung ist auch dann nach der 1%-Regelung zu versteuern, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer den Firmen-Pkw tatsächlich nicht privat nutzt, aber die Möglichkeit besteht, dass er ihn im Rahmen des Arbeitsverhältnisses privat nutzen kann. Darf der Firmenwagen privat genutzt werden, kann das Gegenteil nur mit einem Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Die substanziierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts, z. B. dass ein gleichwertiges Fahrzeug für Privatfahrten zur Verfügung steht, reicht nicht aus, um die private Nutzung des Firmenwagens zu widerlegen.

Aber! Es sieht anders aus, wenn die GmbH ihrem Arbeitnehmer einen Firmenwagen überlässt und ihm die private Nutzung untersagt. In dieser Situation ist kein geldwerter Vorteil als Arbeitslohn zu versteuern, weil das Finanzamt nicht unterstellen darf, dass der Arbeitnehmer das Verbot missachtet. Die Nichtbeachtung des Verbots kann für den Arbeitnehmer strafrechtliche Konsequenzen haben und zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Laut BFH ist nicht davon auszugehen, dass sich der Arbeitnehmer diesem Risiko aussetzt. Zum selben Ergebnis kommt der BFH auch, wenn eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer einen Firmenwagen überlässt und die Privatnutzung untersagt. Das Finanzamt darf (auch bei einer Ein-Mann-GmbH) nicht unterstellen, dass das Privatnutzungsverbot nur zum Schein ausgesprochen wurde. Dabei spielt es keine Rolle, wenn bei einer Zuwiderhandlung mangels Kontrollinstanz keine arbeitsrechtlichen oder gar strafrechtlichen Konsequenzen zu erwarten sind.

Konsequenz: Eine unbefugte Privatnutzung hat keinen Lohncharakter. Ein Zufluss von Arbeitslohn liegt erst dann vor, wenn der Arbeitgeber zu erkennen gibt, dass er den ihm zustehenden Schadenersatz gegenüber dem Arbeitnehmer nicht geltend machen wird. Bei einem GmbH-Gesellschafter wird in dieser Situation regelmäßig von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen sein.

Praxis-Beispiel:
Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Gebäudereinigungs-GmbH nutzt zwei Kfz (eine BMW-Limousine und einen BMW-X5), die zum Betriebsvermögen der GmbH gehören. Es ist arbeitsvertraglich mit der GmbH geregelt, dass er die BMW-Limousine auch für private Fahrten nutzen kann. Hinsichtlich des BMW-X5 ist ein Verbot der Privatnutzung vereinbart. Das bedeutet, dass eine Privatnutzung nach der 1%-Regelung nur für die BMW-Limousine anzusetzen ist, nicht aber für den BMW-X5.

Tipp: Nutzungsverbot vertraglich regeln! Arbeitgeber und Arbeitnehmer können einen Arbeitsvertrag abschließen, der die Überlassung eines Firmenwagens vorsieht. Wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung verbietet, ist kein geldwerter Vorteil anzusetzen. Diese Vereinbarung muss durch entsprechende Unterlagen nachgewiesen werden. Ein ausdrücklich erklärter Verzicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber, das Fahrzeug nicht für Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für mehr als eine Familienheimfahrt pro Woche zu nutzen, ist entsprechend zu behandeln. D.h., es ist kein Nutzungsvorteil zu versteuern. Diese Verzichtserklärung muss der Arbeitgeber als Beleg zum Lohnkonto aufbewahren. Konsequenz: Sollte ein GmbH-Gesellschafter das Verbot der Privatnutzung missachten, versteuert er keine Privatnutzung.

In dieser Situation muss es nach den Ausführungen des BFH hingenommen werden, dass der Ehrliche der Dumme sein kann. Das heißt: Ist ein privates Nutzungsverbot vereinbart, darf das Finanzamt keine Privatnutzung unterstellen. Eine unbefugte Privatnutzung hat keinen Lohncharakter.

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Steuerentlastungsgesetz 2022 (Entwurf)

Die Bundesregierung hat am 16.3.2022 den Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes beschlossen, der gegenüber dem ursprünglichen Entwurf stark geschrumpft ist. Es sind nur noch die folgenden Punkt enthalten, die rückwirkend ab dem 1.1.2022 gelten:

  • Der steuerliche Grundfreibetrag wird von derzeit 9.984 € um 363 € auf 10.347 € angehoben.
  • Der Arbeitnehmerpauschbetrag wird um 200 € auf 1.200 € erhöht.
  • Die am 1. Januar 2024 anstehende Erhöhung der Pauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) wird vorgezogen. Sie beträgt 0,38 € rückwirkend ab dem 1.1.2022.

Diese Punkte haben eine unmittelbare Auswirkung auf den Lohnsteuerabzug. Es ist also davon auszugehen, dass das Gesetzgebungsverfahren schnell abgeschlossen werden soll.

Die folgenden Punkte, die im ursprünglichen Entwurf enthalten waren, werden voraussichtlich in einem nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden:

  • Stromkosten: Die EEG-Umlage fällt bereits zum 1.7.2022 weg.
  • Der Mindestlohn wird zum 1.10.2022 auf 12 € angehoben.
  • Die Verlustverrechnung wird erweitert, sodass Betriebsverluste der Jahre 2022 und 2023 bis 10 Millionen Euro auf die zwei unmittelbar vorangegangenen Jahre zurückgetragen und mit den entsprechenden Gewinnen verrechnet werden können.
  • Die degressive Abschreibung wird um ein Jahr verlängert, sodass auch im Jahr 2022 getätigte Investitionen degressiv abgeschrieben werden können.
  • Die Home-Office-Pauschale von jährlich maximal 600 € wird um ein Jahr verlängert.
  • Steuerfreiheit für den Corona-Pflegebonus: Auch für 2022 soll es einen neuen einmaligen Steuerfreibetrag für Beschäftige in Pflegebereichen von max. 3.000 € geben.
  • Verlängerung der Abgabe der Steuererklärungen für 2020, 2021 und 2022: Die Abgabefrist für die Steuererklärungen des Jahres 2020 durch Steuerberater soll bis zum 31. August 2022 verlängert werden. Zugunsten aller Steuerpflichtigen wird auch die Abgabefrist für die Steuererklärungen der Jahre 2021 und 2022 verlängert.

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Überlassung mehrerer Fahrzeuge an Arbeitnehmer

Stehen einem Arbeitnehmer gleichzeitig mehrere betriebliche Kraftfahrzeuge zur Verfügung, so ist für jedes betriebliche Kraftfahrzeug der pauschale Nutzungswert für Privatfahrten mit monatlich 1% des Listenpreises anzusetzen. Dies gilt auch beim Einsatz eines Wechselkennzeichens.

Aber, die Finanzverwaltung regelt hier ausdrücklich, dass bei der Nutzung von mehreren betrieblichen Kraftfahrzeugen nur der Listenpreis des Fahrzeugs zugrunde gelegt werden soll, welches der Arbeitnehmer überwiegend nutzt (= Billigkeitsregelung). Das gilt jedoch nur, wenn die Nutzung der betrieblichen Kraftfahrzeuge durch andere Personen, die zur Privatsphäre des Arbeitnehmers gehören, so gut wie ausgeschlossen ist.

Bei der Anwendung der 0,03%-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist immer der Listenpreis für das Kraftfahrzeug zugrunde zu legen, das überwiegend für diese Fahrten genutzt wird.

Wichtig! Das BMF weist auf das BFH-Urteil vom 13.6.2013 (VI R 17/12, BStBl. 2014 II Seite 340) hin. Nach diesem BFH-Urteil ist für jedes Kfz, das der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlässt, der geldwerte Vorteil nach der 1%-Regelung zu berechnen, wenn keine ordnungsgemäßen Fahrtenbücher geführt werden. Hat der Arbeitgeber aber entsprechend einer Billigkeitsregelung der Finanzbehörden die Lohnsteuer materiell unzutreffend einbehalten, kann er insoweit nicht als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden.

Konsequenz: Da das BMF-Schreiben eine „Billigkeitsregelung“ beinhaltet, kann der Arbeitgeber diese ohne Haftungsrisiko anwenden.

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