Ein kindergeldberechtigter Elternteil ist verpflichtet, der Familienkasse rechtzeitig mitzuteilen, wenn seine Kinder nicht mehr in seinem Haushalt leben. Unterlässt er dies, ist die Kindergeldrückforderung der Familienkasse nicht bereits deshalb in vollem Umfang zu erlassen, weil das Kindergeld gemäß einer notariellen Unterhaltsvereinbarung an den dann vorrangig kindergeldberechtigten anderen Elternteil weitergeleitet worden ist. Das gilt insbesondere dann, wenn dessen Anspruch möglicherweise wegen fehlender Antragstellung bereits verjährt ist.
Praxis-Beispiel: Der Kläger war zunächst der kindergeldberechtigte Elternteil und bezog Kindergeld für seine drei Kinder. Im Zusammenhang mit der Trennung von seiner Ehefrau wurde notariell eine Unterhaltsregelung vereinbart, wonach er das Kindergeld an den dann vorrangig berechtigten Elternteil weiterleitete. Er selbst war nicht mehr berechtigt, weil die Kinder im Haushalt der Mutter lebten. Der Kläger hat es dennoch unterlassen, der Familienkasse rechtzeitig mitzuteilen, dass sich die Kinder nicht mehr in seinem Haushalt befanden. Das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung hat als Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum 1.7.2005 bis 31.12.2009 aufgehoben und ein Betrag (zzgl. Nebenleistungen) von insgesamt 25.380 € vom Kläger zurückgefordert.
Die dagegen gerichtete Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Das Finanzgericht führte in seinem Urteil u.a. aus, dass der Kläger - mangels wahrer Angaben zu einer fortdauernden Haushaltszugehörigkeit seiner Kinder - eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen habe. Ob auf die Rückforderung im Hinblick auf die Weiterleitungserklärungen der Kindesmutter im Billigkeitswege verzichtet werden kann, muss die Kindergeldkasse in einem gesonderten Verfahren entscheiden.
Für die Frage, ob auf die Rückforderung im Hinblick auf die Weiterleitungserklärung der Kindesmutter im Billigkeitswege verzichtet werden kann, muss die Kindegeldkasse in einem gesonderten Verfahren entscheiden. Dabei sind die Verwaltungsanweisungen zu berücksichtigen, die die Anerkennung des Weiterleitungseinwandes u.a. davon abhängig machen, dass dem nunmehr Berechtigten (hier die Kindesmutter) ein Kindergeldanspruch zusteht: "Zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs durch Weiterleitung muss der Kindergeldanspruch des nunmehr Berechtigten bereits materiell geprüft worden sein und zweifelsfrei feststehen." Im vorliegenden Fall kommt jedoch in Betracht, dass der Kindergeldanspruch der Kindesmutter durch unterbliebene oder verspätete Antragstellung verjährt und damit erloschen ist.
Dabei ist auch zu beachten, dass für die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung beim Kläger die verlängerte Verjährungsfrist gilt, während für die Kindergeldfestsetzung bei der Kindesmutter die normale vierjährige Festsetzungsfrist eingreift. Deshalb kann es an der Deckungsgleichheit des Nachforderungsanspruchs der Kindesmutter mit dem Rückforderungsanspruch gegenüber dem Kläger fehlen.
Eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sogenannten Flankenschutzprüfer, der die Angaben der Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer prüfen soll, ist rechtswidrig, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.
Praxis-Beispiel: Eine selbständige Unternehmensberaterin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts reichte sie eine Skizze der Wohnung ein, die der Sachbearbeiter des Finanzamts für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flankenschutzprüfer um die Besichtigung der Wohnung. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der Steuerpflichtigen, wies sich als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung. Die Steuerpflichtige hat der Besichtigung nicht widersprochen.
Der BFH hat entschieden, dass die Besichtigung rechtswidrig war. Wegen des Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung, die in Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes verbürgt ist, ist eine Besichtigung in der Wohnung erst dann erforderlich, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z. B. Fotografien) nicht mehr sachgerecht aufgeklärt werden können. Das gilt insbesondere, wenn der Steuerpflichtige zur Mitwirkung bereit ist. Die Besichtigung ist auch dann rechtswidrig, wenn die Steuerpflichtige der Besichtigung zugestimmt hat und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff vorliegt.
Fazit: Die Ermittlungsmaßnahme war deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde. Denn das persönliche Ansehen des Steuerpflichtigen kann dadurch gefährdet werden, dass zufällig anwesende Dritte (z. B. Besucher oder Nachbarn) glauben, dass beim Steuerpflichtigen strafrechtlich ermittelt wird.
Die folgenden Steuertermine bzw. Abgabefristen sind im kommenden Monat zu beachten.
Für den Monat September 2022:
Art der Abgabe
Abgabe- und Fälligkeitstermin
Umsatzsteuer-Voranmeldung
monatliche Abgabe
Abgabe mit Dauerfristverlängerung
10.10.2022 10.11.2022
Zusammenfassende Meldung
25.10.2022
Sozialversicherung
27.10.2022
Lohnsteuer-Anmeldung
10.10.2022
Für den Monat Oktober 2022:
Art der Abgabe
Abgabe- und Fälligkeitstermin
Umsatzsteuer-Voranmeldung
monatliche Abgabe
Abgabe mit Dauerfristverlängerung
10.11.2022 12.12.2022
Zusammenfassende Meldung
25.11.2022
Sozialversicherung
28.11.2022
Lohnsteuer-Anmeldung
10.11.2022
Gewerbesteuer-Vorauszahlung
15.11.2022
Hinweis: Die Abgabetermine entsprechen den Zahlungsterminen.
Die Zahlung ist fristgerecht, wenn
bei einer Überweisung der Betrag spätestens am Abgabetermin auf dem Konto des Finanzamts eingegangen ist (keine Säumniszuschläge bei Überweisung, wenn der Betrag innerhalb von 3 Tagen nach dem Termin auf dem Konto des Finanzamts eingeht = Zahlungsschonfrist; Zahlung innerhalb der Schonfrist ist dennoch eine unpünktliche Zahlung),
bei Zahlung mit Scheck gilt die Zahlung erst 3 Tage nach Scheckeinreichung als bewirkt, auch wenn der Betrag früher beim Finanzamt gutgeschrieben wird,
dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung erteilt wurde; die Zahlung gilt immer als pünktlich, auch wenn das Finanzamt später abbucht.
Derzeit bestehet die Möglichkeit, dass bestimmte Berufsgruppen aus Vereinfachungsgründen die Vorsteuer nach Durchschnittssätzen geltend machen können (§ 23 UStG i.V. mit den §§ 69, 70 UStDV). In Artikel 9 des Jahressteuergesetzes 2022 wird der § 23 UStG mit Wirkung vom 1.1.2023 gestrichen. Damit werden auch die §§ 69, 70 UStDV unwirksam.
Die Vorsteuer nach Durchschnittssätzen wird mit einem festen Prozentsatz vom Umsatz berechnet, die nach Durchschnittswerten der einzelnen Branchen ermittelt worden sind. Wie es bei Durchschnittswerten immer der Fall ist, können sie in etwa den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, zu hoch oder auch zu niedrig sein. Die Pauschalierung lohnte sich insbesondere dann, wenn ansonsten keine oder nur geringe Vorsteuerbeträge geltend gemacht werden können. Das ist insbesondere für Unternehmer interessant, wenn sie nur unternehmerische und freiberufliche Nebentätigkeiten mit geringerem Umsatz ausüben. Es war bisher sinnvoll, die Vorsteuer nach Durchschnittssätzen geltend zu machen, wenn man z. B. eine schriftstellerische oder gutachterliche Tätigkeit oder eine Lehr- und Vortragstätigkeit ausübte, bei der nur geringe Kosten entstanden, aus denen die Vorsteuer geltend gemacht werden konnte.
Den Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen konnten nur Unternehmer/Freiberufler geltend machen, die nicht buchführungspflichtig sind. Wenn also jemand zulässigerweise eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellt, darf er die Vorsteuer pauschalieren. Außerdem darf der Umsatz im vorangegangenen Jahr den Grenzwert von 61.356 € nicht übersteigen.
Fazit: Ab 2023 können von der tatsächlichen Umsatzsteuer nur noch die tatsächlich in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge abgezogen werden.
§ 12 UStG regelt die Höhe der Steuersätze. Der Regelsteuersatz beträgt 19% (Absatz 1). In Absatz 2 werden die Umsätze genannt, die dem ermäßigten Steuersatz von 7% unterliegen. Ab dem 1.1.2023 gibt es einen neuen Absatz 3, wonach Leistungen im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen dem Steuersatz von 0% unterliegen werden.
§ 12 Abs. 3 UstG sieht vor, dass auf die Lieferung, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie die Installation von Photovoltaikanlagen einschließlich der Stromspeicher ein Nullsteuersatz anzuwenden ist. Aufgrund des Nullsteuersatzes können die Betreiber von Photovoltaikanlagen die Kleinunternehmerregelung ohne finanzielle Nachteile anwenden. Da die Lieferung von Photovoltaikanlagen dann nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet ist, entfällt der Vorsteuerabzug als Grund für einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung.
Der Nullsteuersatz gilt für die Lieferung von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern. Die Steuerermäßigung umfasst auch Stromspeicher, mit denen der von der Photovoltaikanlage erzeugte Strom gespeichert werden soll. Zwar ist ein Stromspeicher nicht zwingend erforderlich, um eine Photovoltaikanlage zu betreiben, dennoch entscheiden sich viele Anlagenbetreiber, einen Stromspeicher zu erwerben. Das Ziel der Bürokratieentlastung würde daher verfehlt, wenn die Lieferung von Stromspeichern mit Umsatzsteuer belastet würde.
Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes ist, dass die Photovoltaikanlage auf und in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Dieser Tatbestand ist durch die Regelung in Artikel 98 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 10c der Richtlinie 2006/112/EG gedeckt. Durch die Übernahme der Richtlinienregelung in deutsches Recht ist sichergestellt, dass das nationale Recht den maximalen Spielraum ausnützt, den die Richtlinie bei der Anwendung eines Nullsteuersatzes für Photovoltaikanlagen den Mitgliedstaaten zugesteht.
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gelten die Voraussetzungen als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt. Die Regelung verhindert in einem Großteil der Fälle, dass sich der leistende Unternehmer beim Erwerber über die Nutzungsart des Gebäudes zu informieren hat. Die Leistung der gelieferten Photovoltaikanlage wird dem leistenden Unternehmer hingegen in der Regel bekannt sein.
Begünstigt ist auch die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb von Solarmodulen und Stromspeichern, wenn die Lieferung dieser Gegenstände die Voraussetzungen erfüllt. Es ist auch die Installation von Photovoltaikanlagen und Speichern begünstigt, wenn die Lieferung der Komponenten dem Nullsteuersatz unterliegt. Die Regelung vermeidet Bürokratieaufwand. Denn beim Erwerb einer Photovoltaikanlage einschließlich deren Installation ist einheitlich der Nullsteuersatz anzuwenden. Eine Abgrenzung zwischen Lieferungs- und Dienstleistungselementen ist damit entbehrlich.
Das Bundeskabinett hat am 28.9.2022 eine Formulierungshilfe beschlossen, die von den Koalitionsfraktionen in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird. Damit wird die vom Koalitionsausschuss vereinbarte Inflationsausgleichsprämie umgesetzt.
Ziel der Formulierungshilfe: Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern nach dem Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 31.12.2024 eine Prämie bis zu einem Betrag von 3.000 € steuerfrei gewähren. Es handelt sich dabei um einen steuerlichen Freibetrag. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird.
An den Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht (zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis im Rahmen der Lohnabrechnung).
Mit einer Ergänzung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung wird sichergestellt, dass diese Inflationsausgleichsprämie bei Beziehern von Leistungen nach dem SGB II nicht als Einkommen berücksichtigt wird, um die steuerliche Privilegierung auch im SGB II nachzuvollziehen.