Steuernews

Steuerfreie Gesundheitsförderung für Arbeitnehmer

Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und zur betrieblichen Gesundheitsförderung sind bis zu 600 € (vor dem 1.1.2020 bis 500 €) pro Arbeitnehmer und Kalenderjahr steuerfrei, wenn der Arbeitgeber diese Leistungen zusätzlich zum regulären Arbeitslohn erbringt (§ 3 Nr. 34 EStG). Hat ein Arbeitnehmer mehrere Beschäftigungsverhältnisse, kann jeder Arbeitgeber Leistungen bis zum Höchstbetrag von 600 € steuerfrei zuwenden.

Begünstigt sind Maßnahmen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention, die nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB V zertifiziert sind sowie gesundheitsförderliche Maßnahmen in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung), die den vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV Spitzenverband) festgelegten Kriterien entsprechen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 und § 20b Abs. 1 SGB V). Bei der Frage, welche Maßnahmen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes führen, stellen die Spitzenverbände der Krankenkassen auf die Handlungsfelder Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung und Suchtmittelkonsum ab (= Primärprävention). Es muss sich um aktive Maßnahmen handeln bzw. um Anleitungen zu einem bestimmten Verhalten, die den Kriterien des GKV-Leitfadens Prävention entsprechen und zwischen dem Betrieb und der leistenden Krankenkasse individuell vereinbart werden können. Für Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung ist eine Zertifizierung grundsätzlich nicht vorgesehen. 

Für Leistungen, die der Arbeitgeber zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention gewährt, kommt die Steuerbefreiung in Betracht, wenn die Leistungen durch eine Krankenkasse oder in ihrem Namen durch einen mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten zertifiziert sind. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die Zertifizierung veranlasst hat oder eine bereits zertifizierte Leistung einkauft.

Die nachfolgend aufgezählten Maßnahmen nach dem Präventionsleitfaden der Krankenkassen sind nicht abschließend, geben aber einen repräsentativen Überblick.

Begünstigte Maßnahmen sind z. B.:

  • Kurse zum Herz-Kreislauf- bzw. Ausdauertraining, Bewegungsprogramme (z. B. Jogging, Walking, auch Nordic-Walking, Wassergymnastik, Aquajogging, Fitnessgymnastik)
  • Programme zum Rückentraining (Rückenschule, u. U. Kurse im Fitnessstudio mit lizenziertem Kursleiter)
  • Wirbelsäulengymnastik, Kurse zur Muskelkräftigung
  • Kurse zur Ernährungsberatung, Kurse zum verantwortlichen Umgang mit Genuss- und Suchtmitteln, Raucherentwöhnungsberatung und sonstige Suchtberatung
  • Kurse zur Stressreduktion, Kurse in Yoga oder Qigong

Nicht begünstigte Maßnahmen sind z. B.:

  • reine Heilbehandlungen, physiotherapeutische Behandlungen, Anti-Cellulite-Gymnastik, Massage, Bodybuilding, Shiatsu, Ayurveda, Saunabesuch
  • Schwimmbadbesuch, Kurkosten des Arbeitnehmers, Erste-Hilfe-Kurse, Mobbing-Prävention
  • Mitgliedsbeiträge an Sportvereine, Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen
  • Selbstverteidigungskurse, Survival-Training, Back-, Koch-, Mal- oder Töpferkurse
  • Trainingsprogramme mit einseitigen körperlichen Belastungen (zum Beispiel Spinning als Training nur der unteren Extremitäten)
  • Maßnahmen ausschließlich zum Erlernen einer Sportart, Bewerbungstraining
  • Screenings (Gesundheitsuntersuchungen, Vorsorgeuntersuchungen) ohne Verknüpfung mit Interventionen aus den Handlungsfeldern der betrieblichen Gesundheitsförderung der Krankenkassen
  • Zeitmanagementkurse, Maßnahmen von Anbietern, die ein wirtschaftliches Interesse am Verkauf von Begleitprodukten (zum Beispiel Diäten, Nahrungsergänzungsmitteln) haben
  • Maßnahmen, bei denen der Einsatz von Medikamenten zur Gewichtsabnahme, Formula-Diäten (Nahrungsersatz- oder -ergänzungsmittel) sowie extrem kalorienreduzierter Kost propagiert wird

Praxis-Tipp: Wenn ein Arbeitgeber nicht beurteilen kann, ob die Voraussetzungen vorliegen, kann er bei der Krankenkasse nachfragen oder beim Finanzamt gemäß § 42e EStG eine verbindliche Auskunft einholen. Eine verbindliche Auskunft ist immer kostenlos.

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Säumniszuschläge bei Rückforderung von Kindergeld

Die bisherige Berechnung der Säumniszuschläge zu Kindergeldrückforderungen durch den Inkasso-Service der Familienkassen ist rechtswidrig. Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1% des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 € teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt.

Praxis-Beispiel:
Die Familienkasse forderte von der Klägerin Kindergeld zurück, das zu Unrecht ausgezahlt worden war. Der Inkasso-Service der Familienkasse erteilte daraufhin einen Abrechnungsbescheid. Dabei berechnete er die Säumniszuschläge auf die nach § 240 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) abgerundete Gesamtsumme des zu erstattenden Kindergeldes. Die Klägerin klagte gegen die Forderung der Säumniszuschläge.

Das Finanzgericht Köln hob den Abrechnungsbescheid über die Säumniszuschläge wegen fehlender Bestimmtheit insgesamt auf. Im Abrechnungsbescheid müssen die einzelnen Kindergeldmonate auch für die Berechnung der Säumniszuschläge einzeln ausgewiesen werden. Denn für jede Steuervergütung bestehe ein eigener Rückforderungsanspruch der Familienkasse. Mehrere Rückforderungsansprüche dürften zwar in einem Sammelbescheid zusammengefasst werden. Allerdings seien auch in diesem Fall die Säumniszuschläge jeweils in Bezug auf den einzelnen Rückforderungsanspruch zu berechnen und auszuweisen. Die bisherige Berechnungspraxis der Kindergeldkassen benachteilige die Kindergeldberechtigten, weil nicht die Gesamtsumme, sondern jeder einzelne monatliche Kindergeldbetrag abzurunden ist.

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Umsatzsteuersatz bei der Nutzung von Vorrichtungen Dritter

In der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2022 unterliegt die Abgabe von Speisen (ohne Getränke) generell dem ermäßigten Steuersatz von 7%, sodass die nachfolgende Differenzierung für diesen Zeitraum ohne Bedeutung ist. Für die übrigen Zeiträume unterliegt die Lieferung von Speisen regelmäßig dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7%. Ist die Abgabe von warmen und/oder kalten Speisen aber mit zusätzlichen Dienstleistungen verbunden, liegt insgesamt eine sonstige Leistung vor, die dem Steuersatz von 19% unterliegt.

Es ist also immer zu prüfen, ob eine Lieferung oder eine einheitliche Dienstleistung vorliegt. Beim Verkauf von zubereiteten Speisen ist danach zu unterscheiden, ob der Verzehr im Stehen vorgesehen ist, indem entweder kein Mobiliar zur Verfügung gestellt wird oder nur Stehtische, Hocker, Stühle und Bänke, die nicht ausschließlich dazu bestimmt sind, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern, oder ob der Verzehr an Tischen und Stühlen/Bänken vorgesehen ist.

Praxis-Beispiel:
Eine Steuerpflichtige pachtete während des Oktoberfestes Verkaufsstände in Festzelten zum Verkauf von Brezeln an Besucher der Festzelte. Dabei handelte es sich ausschließlich um sog. "Wiesnbrezn". Die Steuerpflichtige ging von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Verkauf von Brezeln in den Festzelten umsatzsteuerlich dem Regelsteuersatz unterliege, da dem Steuerpflichtigen von den Festzeltbetreibern eine Infrastruktur zur Verfügung gestellt wurde, die aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik bestand. Diese die Bewirtung fördernde Infrastruktur sei ihr zuzurechnen.

Dem widersprach der BFH, weil für die Zurechnung der im Festzelt vorhandenen Verzehrvorrichtungen keine Rechtsgrundlage besteht. Soweit für den Verzehr Mobiliar (Sitz- und Tischeinrichtungen) zur Verfügung steht, ist zu berücksichtigen, dass das bloße Vorhandensein von Mobiliar, das nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, nicht als Dienstleistungselement angesehen werden kann, das geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer Dienstleistung zu verleihen. Es sind nur die Verzehrvorrichtungen zu berücksichtigen, die vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt werden, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern.

Das BMF hat diese Auffassung des BFH nunmehr in den UStAE aufgenommen. Ist dem Leistenden (= Verkäufer einfacher Speisen) von einem Dritten ein Mitbenutzungsrecht in Form von Verfügungs- und Dispositionsmöglichkeiten an dessen Dienstleistungselementen zugestanden worden, kann der Steuersteuersatz von 7% anzuwenden sein. Somit ist klar, dass z. B. die Abgabe von Brezeln („Wiesnbrezn“) in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

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Ehegatten-Arbeitsverhältnis: Betriebliche Altersvorsorge

Ehegatten-Arbeitsverhältnisse werden steuerlich nur anerkannt, wenn sie einem Fremdvergleich standhalten. Ist das Ehegatten-Arbeitsverhältnis steuerrechtlich anzuerkennen, können Beiträge für eine betriebliche Altersvorsorge in eine rückgedeckte Unterstützungskasse umgewandelt werden, wenn dieser Vorgang nicht auf privaten Erwägungen beruht. Handelt es sich um eine echte nicht unangemessene Barlohnumwandlung, sind Beiträge für eine rückgedeckte Unterstützungskasse betrieblich veranlasst und ohne Prüfung einer sog. Überversorgung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte das Metzgereigeschäft seiner Eltern übernommen, in dem die Klägerin seinerzeit noch als Fleischereifachverkäuferin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Im Mai 2002 heirateten die Kläger, aus deren Ehe zwei Kinder hervorgingen. Die Klägerin, die inzwischen selbst Metzgermeisterin ist, wurde als Verkaufsleiterin angestellt. Die Innungskrankenkasse Baden-Württemberg stellte mit Bescheid vom 30.12.2005 fest, dass die Klägerin mit ihrer Heirat nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Der monatliche Bruttolohn betrug zunächst 3.146 € und wurde auf monatlich 4.146 € erhöht, was nach Auffassung der Beteiligten angemessen war. Der Betrag setzt sich aus einem Grundgehalt (4.000 €) und dem Beitrag für eine bereits seit 2001 bestehende Direktversicherung (146 €) zusammen.

Ab August 2009 wurden monatlich 1.830 € vom Entgelt der Klägerin in einen Beitrag zur überbetrieblichen Unterstützungskasse umgewandelt. Das Finanzamt sah steuerlich nur einen Betrag von 110 € im Monat als abzugsfähig an und stufte den Restbetrag als nicht betrieblich veranlasst ein, weil es diesen nach Maßgabe des Fremdvergleichs für unangemessen hielt. Hiergegen wurde Klage eingelegt.

Zukunftssicherungsleistungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses sind Betriebsausgaben, wenn die Verpflichtung ernstlich gewollt und eindeutig vereinbart ist. Ferner muss ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit dafürsprechen, dass der Steuerpflichtige eine solche Versorgung bei vergleichbaren Tätigkeits- und Leistungsmerkmalen auch einem familienfremden Arbeitnehmer gewähren würde. 

Liegt ein steuerrechtlich anzuerkennendes Arbeitsverhältnis vor und ist der vereinbarte Arbeitslohn angemessen, dann kann eine teilweise Umwandlung des angemessenen Arbeitslohns in Beiträge zu einer Direktversicherung regelmäßig nicht als ungewöhnliche oder unangemessene Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses beurteilt werden. Bleibt der Aufwand des Arbeitgeber-Ehegatten aus dem Arbeitsverhältnis betragsmäßig unverändert, ist die (echte) Barlohnumwandlung im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses steuerlich anzuerkennen. Letztlich disponiert nur der Arbeitnehmer über sein (künftiges) Vermögen.

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Spekulationsgewinn: Gartenhaus in einer Kleingartenanlage

Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist steuerpflichtig, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Bei selbstgenutztem Wohneigentum ist der Veräußerungsgewinn allerdings steuerfrei, wenn die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung aus-schließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. 

Praxis-Beispiel:
Am 22.12.2009 erwarb der Kläger für 60.000 € einen 2/47 Miteigentumsanteil einer Miteigentumsgemeinschaft, die vom Kleingarten Verein e.V. verwaltet werden. Der Grundbesitz ist Vertragsgegenstand und jeder Miteigentumsanteil ist in Abt. II des Grundbuchs mit der Regelung der Verwaltung und Benutzung des Grundstücks sowie mit dem Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft belastet. Laut Kaufvertrag versicherte der Verkäufer, dass mit dem Recht auf dem verkauften Miteigentumsanteil das Recht auf alleinige und ausschließliche Nutzung der Parzellen Nrn. 12 und 13 verbunden sein soll, auf dem sich ein Gartenhaus befand. Dem früheren Eigentümer des Miteigentumsanteils des Klägers war ein Gartenhaus unter der Auflage genehmigt worden, dass das Gebäude nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt wird. 

Am 05.12.2014 veräußerte der Kläger seinen Miteigentumsanteil am o.g. Grundbesitz für 152.000 €. Im Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 29.03.2017 berücksichtigte das Finanzamt hinsichtlich des Grundstücksverkaufs einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 82.000 €. Der Kläger machte geltend, dass er das Gartenhaus im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe, sodass kein Veräußerungsgewinn zu versteuern sei.

Das Finanzgericht München hat entschieden, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken voraussetzt, dass das genutzte Wirtschaftsgut nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich dazu bestimmt und geeignet sein muss, Menschen auf Dauer Unterkunft und Aufenthalt zu ermöglichen. Wenn das Gebäude baurechtlich unter der Auflage genehmigt worden ist, dass es nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt werden darf, ist die Spekulationsfrist von 10 Jahren maßgebend.

Hinweis: Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Daraufhin hat der BFH die Revision zugelassen (Az. beim BFH: IX R 5/21). In vergleichbaren Fällen ist es somit sinnvoll, Einspruch einzulegen und das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung durch den BFH zu beantragen.

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Geringfügige Mängel in der Kassenführung unschädlich

Kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen, ist sie zu einer Schätzung berechtigt. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen sind, wenn kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.

Praxis-Beispiel:
Die Steuerpflichtige ermittelte den Gewinn für ihren griechischen Imbiss mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Zur Erfassung der Bareinnahmen verwendete sie eine elektronische Registrierkasse und bewahrte die täglichen Bon-Rollen auf. Im Rahmen einer Betriebsprüfung führte der Prüfer eine Bargeldverkehrsrechnung durch und gelangte zu geringen Fehlbeträgen. Bei einer zusätzlich erstellten „vorläufigen Geldverkehrsrechnung“ kam er ebenfalls auf geringe Unterdeckungen. Der Prüfer beanstandete die Kassenführung, weil einzelne Beträge am falschen Tag erfasst wurden. Der Prüfer hat des Weiteren festgestellt, dass eine Pfandgelderstattung von 11,94 €, ein Außer-Haus-Verkaufsumsatzes i. H. v. 10,70 € (also insgesamt 22,64 €) in der Kasse fehlten. In 2014 sind vier Außer-Haus-Verkaufsumsätze i. H. v. 20,95 €, 13,00 €, 14,30 € und 10,92 €, also insgesamt 59,15 €) nicht erfasst worden. Der Prüfer nahm dies zum Anlass, die Einnahmen aufgrund einer Richtsatz-Kalkulation deutlich zu erhöhen.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Fehler, die der Prüfer festgestellt hat, es nicht rechtfertigen, die Richtigkeit der Buchführung der Klägerin insgesamt infrage zu stellen. Für Hinzuschätzungen, die über die festgestellten gewinnwirksamen Aufzeichnungsmängel hinausgehen, besteht keine Schätzungsbefugnis.

Für buchführungspflichtige Unternehmer gilt, dass eine Buchführung (erst) dann formell ordnungswidrig ist, wenn sie wesentliche Mängel aufweist, die auch aus der Gesamtheit aller unwesentlichen Mängel bestehen kann. Maßgebend ist das Gesamtbild aller Umstände. Eine Buchführung kann also trotz einzelner Mängel aufgrund der Gesamtwertung als formell ordnungsmäßig beurteilt werden. Insoweit kommt der sachlichen Gewichtung der Mängel ausschlaggebende Bedeutung zu. Das gilt insbesondere, wenn vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden. Mängel der Kassenführung können den gesamten Aufzeichnungen die Ordnungsmäßigkeit nehmen.

Eine ordnungsgemäße Einnahmen-Überschuss-Rechnung setzt lediglich voraus, dass die Höhe der Betriebseinnahmen bzw. der Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen wird. Eine förmliche Aufzeichnungspflicht besteht hingegen nicht. Eine Aufzeichnungspflicht besteht damit nur, soweit aus anderen Gründen zu Besteuerungszwecken Aufzeichnungen gefordert werden, etwa aufgrund weiterer Steuergesetze (wie z. B. nach § 22 UStG). Danach ist jeder Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Umsatzsteuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Aus den Aufzeichnungen müssen die vereinbarten (bzw. vereinnahmten) Entgelte zu ersehen sein.

Soweit der Prüfer bei seiner Kalkulation auf angebliche Erfahrungswerte bei anderen Betrieben zurückgreift, reicht dies für eine Hinzuschätzung nicht aus. Die hieraus resultierenden Ungenauigkeiten können nicht durch einen pauschalen Verweis des Prüfers auf erfolgte Sicherheitsabschläge in erheblicher Höhe gerechtfertigt werden. Das gilt erst recht, wenn die tatsächlichen Ergebnisse aller Jahre sich im Rahmen der Richtsätze bewegten - selbst wenn diese sich im unteren Bereich befanden.

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