Wendet ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer gleichzeitig mehrere 44-€-Tankgutscheine zu, ist der gesamte Sachbezug bereits mit der Übergabe der Gutscheine zugeflossen, sodass die steuerfreie 44-€-Freigrenze pro Monat überschritten wird. Wann die Gutscheine eingelöst werden, spielt keine Rolle.
Praxis-Beispiel: Ein Arbeitgeber überließ seinen Arbeitnehmern einmal im Jahr 8 Tankgutscheine im Wert von jeweils 44 €. Diese Gutscheine konnten jederzeit eingelöst werden und waren nicht personengebunden. Bei Übergabe der Gutscheine wies der Arbeitgeber die Arbeitnehmer darauf hin, dass sie nur einen Tankgutschein pro Monat einlösen dürfen und dass die entsprechenden Tankquittungen zur Kontrolle vorzulegen sind. Der Arbeitgeber erfasste den Zufluss beim Arbeitnehmer jeweils in dem Monat, in der jeweilige Gutschein an der Tankstelle eingelöst wurde. Er ging davon aus, dass bei dieser Handhabung die steuerfreie 44-€-Freigrenze nicht überschritten wurde. Das Finanzamt nahm hingegen an, dass die Gutscheinwerte zusammengeballt im Monat der Übergabe zugeflossen waren, sodass die 44-€-Freigrenze überschritten wurde, sodass Lohnsteuer nachzuzahlen war.
Das Sächsische Finanzgericht vertrat dieselbe Auffassung wie das Finanzamt. Einnahmen sind steuerlich zugeflossen, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Gelder erlangt. Da der Arbeitnehmer über die Gutscheine, mit denen er Güter bei einem Dritten erwerben konnte, frei verfügen konnte, ohne dass der Arbeitgeber hierauf noch Einflussmöglichkeiten hat, war der Zufluss erfolgt. Das heißt, dass bereits zu diesem Zeitpunkt der Zufluss beim Arbeitnehmer erfolgt war. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist ein nicht personengebundener Tankgutschein ein Wertpapier, mit dem der Arbeitnehmer nach Belieben verfahren kann. Der Hinweis des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer nur einen Gutschein pro Monat einlösen darf, bezog sich lediglich auf die steuerlichen Konsequenzen. Auswirkungen auf die wirtschaftliche Verfügungsmacht ergaben sich dadurch nicht.
Konsequenz: Arbeitgeber sollten Tankgutscheine aus steuerlichen Gründen nicht für mehrere Monate gleichzeitig ausgeben. Werden zeitgleich mehrere Gutscheine übergeben, lässt sich die Überschreitung der 44-€-Freigrenze nicht durch den Hinweis des Arbeitgebers abwenden, dass der Arbeitnehmer pro Monat nur einen Gutschein einlösen darf.
Bei Gebäuden, die in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich liegen, können im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 % und in den folgenden 4 Jahren jeweils bis zu 7% der Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen abgesetzt werden. Das gilt entsprechend bei Herstellungskosten für Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines begünstigten Gebäudes dienen, das wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben soll, und zu deren Durchführung sich der Eigentümer neben bestimmten Modernisierungsmaßnahmen gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat.
Die erhöhten Absetzungen können jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn er durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde die Voraussetzungen nachgewiesen werden. Diese Bescheinigung ist materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung für diese Begünstigung und somit Grundlagenbescheid im Sinne der Abgabenordnung.
Eine Bescheinigung ist bindend, und zwar unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit. Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln gewährt worden sind. Allein die Gemeinde prüft, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt wurden, und entscheidet insbesondere nach Maßgabe des BauGB, wie die Begriffe "Modernisierung" und "Instandsetzung" zu verstehen sind.
Hat die Bescheinigungsbehörde eine bindende Entscheidung über eine der genannten Voraussetzungen getroffen, hat das Finanzamt diese im Besteuerungsverfahren ohne weitere Rechtmäßigkeitsprüfung zugrunde zu legen. Hat die zuständige Behörde/Stadt entschieden, dass der Eigentümer an dem Gebäude Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB durchgeführt hat, muss das Finanzamt diese Entscheidung hinnehmen. Das gilt auch dann, wenn das Finanzamt die Entscheidung für unzutreffend hält.
Etwas anderes gilt nur, wenn sie von der Bescheinigungsbehörde förmlich zurückgenommen oder widerrufen worden ist oder nach § 44 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nichtig und deshalb unwirksam ist. Besteht eine wirksame Bescheinigung, entfaltet diese die Bindungswirkung eines Grundlagenbescheids. Ist die Bescheinigung hinsichtlich der von der Gemeinde zu prüfenden Voraussetzungen inhaltlich unrichtig, ändert auch dies (ungeachtet der etwaigen Rechtswidrigkeit) nichts an der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids.
Zu den Arbeitnehmereinkünften gehören neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile. Sachbezüge können außer Ansatz bleiben, wenn sie einen Betrag von 44 € pro Monat nicht übersteigen. Ein Sachbezug liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Anspruch einräumt, eine Sach- und Dienstleistung beziehen zu können. Diese Zuwendung muss jedoch einen wirklichen Wert haben und darf nicht bloß einen ideellen Vorteil darstellen. Ein geldwerter Vorteil durch den verbilligten oder unentgeltlichen Sachbezug liegt also nur vor, wenn der Empfänger objektiv bereichert ist.
Der Wert des Sachbezugs ist mit dem üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen, gemindert um übliche Preisnachlässe (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Üblicher Endpreis ist der Endverbraucherpreis und damit der günstigste Einzelhandelspreis am Markt, der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlt wird. Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Der Vorteil hieraus ist in die Berechnung der Freigrenze von 44 € einzubeziehen.
Praxis-Beispiel: Die Klägerin, die Speditions- und Transportleistungen erbringt, gewährte ihren Mitarbeiten unter bestimmten Voraussetzungen Sachprämien (insbesondere handelsübliche Verbrauchsgüter). Hierzu wurde eine andere Firma (GmbH) eingeschaltet. Jeder bezugsberechtigte Arbeitnehmer konnte über einen Onlinezugang monatlich aus der Angebotspalette der zwischengeschalteten GmbH einen Sachbezug auswählen. Anschließend bestellte die Klägerin die Ware bei dieser GmbH. Die GmbH stellte der Klägerin die Sachbezüge nebst einer sogenannten Versand- und Handlingspauschale in Rechnung. Nach Ausgleich der Rechnung versandte die GmbH die Waren an den jeweiligen prämienberechtigten Mitarbeiter der Klägerin oder händigte die Waren der Klägerin zur Verteilung im Betrieb aus. Die Rechnungen wurden von der Klägerin als Personalaufwand gebucht. Die monatlichen Lohnabrechnungen der Arbeitnehmer wiesen jeweils lohnsteuerfreie Sachbezüge in Höhe von 44 € aus. Die Versand- und Handlingspauschalen wurden nicht lohnversteuert. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Versand- und Handlingspauschale der Sachzuwendung hinzuzurechnen sei und deshalb die 44-€-Freigrenze überschritten sei. Das Finanzgericht wies die Klage ab.
Der Ansatz des niedrigsten Marktpreises entspricht auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Markt in diesem Sinn sind alle gewerblichen Anbieter unter Einbeziehung der allgemein zugänglichen Internetangebote. Fracht-, Liefer- und Versandkosten zählen nicht zum Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Es handelt sich hierbei nicht um die Gegenleistung des Letztverbrauchers für die Ware.
Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt allerdings eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Die Kosten des Arbeitgebers hierfür erhöhen nicht den Warenwert des zugewendeten Wirtschaftsguts. Vielmehr liegt ein gesonderter Sachbezug vor, der gesondert zu bewerten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wert bei 0 € liegt, wenn es an einer Bereicherung fehlt, z. B. wenn der Arbeitnehmer für die Versendung selbst nichts hätte aufwenden müssen. Entstehen dem Kunden für bestimmte Produkte, z. B. im Onlinehandel für die Versendung keine Kosten, dann liegt bei entsprechenden Produkten, die er vom Arbeitgeber erhält, insoweit keine zusätzliche Leistung vor.
Der günstigste Einzelhandelspreis des Sachbezugs am Markt ist häufig im Versand- oder Onlinehandel zu finden. Ist der Versand dort als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im Einzelhandelsverkaufspreis und damit im Endpreis enthalten, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung "nach Hause" bei der Berechnung der Freigrenze von 44 € zum Warenwert hinzu.
Verschenkt ein Aktionär an seine minderjährigen Kinder Aktien und veräußern diese einige dieser Aktien jeweils an einen dritten Erwerber, reicht allein ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Schenkung und Veräußerung nicht aus, um von einem Gestaltungsmissbrauch auszugehen. Von einer steuerlich unbeachtlichen Zwischenschaltung der Kinder (Gestaltungsmissbrauch) ist nur auszugehen, wenn festgestellt werden kann, dass der Verkauf der Aktien vor der Schenkung bereits verhandelt und beschlossen war.
Praxis-Beispiel: Die Klägerin war an der AG beteiligt und Mitglied des Aufsichtsrats dieser AG. Am 1.12.2014 verschenkte sie jeweils fünf Aktien der AG an ihre beiden minderjährigen Töchter. Die Kinder veräußerten jeweils zwei Aktien an ein Vorstandsmitglied der AG zum Preis von 4.000 € je Aktie. Der Kaufpreis wurde am 16.12.2014 beglichen und auf Konten der Kinder gutgeschrieben. Die minderjährigen Töchter erklärten in ihren Steuererklärungen jeweils einen Veräußerungsgewinn von 4.640 €. Sie verfügten über keine weiteren Einkünfte. Das Finanzamt rechnete die Veräußerungsgewinne in der erklärten Höhe der Klägerin und nicht den Kindern zu. Zur Begründung führte es aus, dass vor allem wegen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Erwerb und Verkauf von einem Gestaltungsmissbrauch auszugehen sei. Die Klägerin machte u.a. geltend, die Übertragung der Aktien habe der Zustimmung der Gesellschaft bedurft. Erst dadurch habe der spätere Erwerber von der Übertragung erfahren und ein konkretes Kaufangebot unterbreitet.
Das Finanzamt darf nicht unterstellen, dass die Klägerin ihre minderjährigen Kinder in einen ohnehin geplanten Verkauf von vier Aktien der AG zwischengeschaltet habe, um den Veräußerungsgewinn nicht versteuern zu müssen. Ob im Zeitpunkt der Schenkung die Vertragsverhandlungen über den Verkauf an ein anderes Vorstandsmitglied schon längst abgeschlossen waren, darf nicht unterstellt werden. Der BFH verweist die Klage zurück an das Finanzgericht, das zunächst den Sachverhalt dahin aufklären muss, ob nach dem tatsächlichen Ablauf überhaupt von einer Zwischenschaltung der Kinder auszugehen ist. Fehlt es daran, weil sich die zwei Ereignisse (Schenkung und Verkauf) zwar in engem zeitlichen Zusammenhang, aber (nachweislich) ohne inneren Zusammenhang ergeben haben, liegt kein Gestaltungsmissbrauch vor.
Bei Leiharbeitnehmern stellt sich nach wie vor die Frage, ob und wann sie bei der Entleihfirma eine erste Tätigkeitsstätte haben. Das hängt u.a. davon ab, ob der Leiharbeitnehmer der Betriebsstätte des ausleihenden Unternehmens dauerhaft zugeordnet ist. Davon kann ausgegangen werden, wenn der Leiharbeitnehmer an eine Firma
unbefristet oder
für die Dauer seines Dienstverhältnisses oder
über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des ausleihenden Unternehmens tätig werden soll (Prognose).
Praxis-Beispiel: Eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt ohne zeitliche Begrenzung einen Arbeitnehmer, der laut Vertrag bundesweit bei verschiedenen Kunden eingesetzt werden kann. Dieser Arbeitnehmer wird für die Dauer von 18 Monaten bei einem Kunden eingesetzt. Kurz vor Ablauf der 18 Monate wird der Vertrag zweimal um weitere 18 Monate verlängert, sodass die Gesamtlaufzeit 54 Monate beträgt.
Konsequenz: Der Arbeitnehmer hat weder in der Leiharbeitsfirma noch beim Kunden der Leiharbeitsfirma eine erste Tätigkeitsstätte. Der ursprüngliche Arbeitseinsatz war für einen Zeitraum von weniger als 48 Monaten vorgesehen. Die späteren Vertragsverlängerungen führen zu keiner anderen Beurteilung, weil ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Verlängerung der verbleibende Zeitraum keine 48 Monate beträgt.
So verneint das Niedersächsische Finanzgericht in einer solchen Situation, dass der Leiharbeitnehmer durch eine Kettenabordnung dauerhaft der Entleihfirma zuzuordnen ist. Wenn im Arbeitsvertrag des Leiharbeitnehmers geregelt ist, dass er als Zeitarbeitnehmer jederzeit bundesweit bei wechselnden Auftraggebern eingesetzt werden kann, liegt keine unbefristete Abordnung vor, auch wenn die Abordnung zunächst „bis auf weiteres“ erfolgt.
Wichtig! Das Finanzgericht bezweifelt, dass es bei Leiharbeitnehmern überhaupt zu einer dauerhaften Zuordnung zum Betrieb der Entleihfirma kommen kann, weil die geltenden arbeitsrechtlichen Regelungen nur eine „vorübergehende“ Überlassung erlauben. Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zugelassen, die auch eingelegt wurde. Leiharbeitnehmer sollten (zumindest in der eigenen Steuererklärung) ihre Fahrten nach Reisekostengrundsätzen abrechnen. Bei einer Ablehnung durch das Finanzamt sollte Einspruch eingelegt und eine Aussetzung des Verfahren beantragt werden.
Um den Vorsteuerabzug geltend machen zu können, ist eine ordnungsgemäße Rechnung erforderlich. Bisher haben Finanzverwaltung und Rechtsprechung verlangt, dass der leistende Unternehmer in seiner Rechnung die Anschrift angibt, an der er seine Tätigkeit ausübt. Nunmehr hat der BFH seine Rechtsprechung geändert. Es reicht aus, dass der leistende Unternehmer eine Adresse angibt, unter der er postalisch erreichbar ist.
1. Beispiel: Ein Autohändler erwarb Kraftfahrzeuge von einem Einzelunternehmer, der im Onlinehandel tätig war, ohne ein Autohaus zu betreiben. Er erteilte dem Autohändler Rechnungen, in denen er als seine Anschrift einen Ort angab, an dem er postalisch erreichbar war. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug ab, weil der Onlinehändler in seiner Rechnung nicht den Ort angegeben hatte, an der er seine Tätigkeit ausgeübt hat.
2. Beispiel: Ein Unternehmer hatte 200 Tonnen Stahlschrott von einer GmbH erworben. In den Rechnungen der GmbH war die im Handelsregister angegebene Anschrift angegeben. Tatsächlich befanden sich dort die Räumlichkeiten einer Anwaltskanzlei. Die von der GmbH für Korrespondenz genutzte Festnetz- und Faxnummer gehörten der Kanzlei, die als Domiziladresse etwa 15 bis 20 Firmen diente. Ein Schreibtisch in der Kanzlei wurde gelegentlich von einem Mitarbeiter der GmbH genutzt. Das Finanzamt lehnte deshalb den Vorsteuerabzug ab.
Der BFH bejahte in diesen beiden Fällen, dass ordnungsmäße Rechnungen vorliegen, die den Vorsteuerabzug ermöglichen. Für Unternehmer hat sich die Situation durch diese Urteile deutlich verbessert, weil es für den Vorsteuerabzug jetzt nur noch darauf ankommt, dass eine Adresse angegeben ist, unter der der leistende Unternehmer postalisch erreichbar ist.